Ballaststoffe fördern nicht nur die Verdauung, sondern stärken auch das Herz und das Immunsystem. Häufige Verstopfung? Das könnte ein Hinweis auf Ballaststoffmangel sein. Erfahren Sie in unserem Artikel, welche Lebensmittel besonders reich an Ballaststoffen sind und was sie bewirken.
Die Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen ist bei einer ausgewogenen, pflanzenbasierten Ernährung mit wenig bis keinen industriell verarbeiteten Lebensmitteln in der Regel gegeben, mit Ausnahme von Vitamin B12. Doch vor allem sekundäre Pflanzenstoffe sind relevant für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Heilung von Krankheiten, obwohl sie nicht als essenzielle Nährstoffe gelten - ausser Vitamine.
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Ballaststoffe (Nahrungsfasern) sind essbare Pflanzenteile, die aus unverdaulichen Kohlenhydraten und Lignin bestehen. Sie sind unverdaulich, weil uns die entsprechenden Enzyme fehlen.2 Ballaststoffe widerstehen die Verdauung im menschlichen Dünndarm und fermentieren im Dickdarm teilweise oder vollständig.7 Im Dickdarm beeinflussen sie u.a. Zusammensetzung und Konsistenz des Stuhls sowie die Darmbakterien (Mikrobiota).1
Dementsprechend definiert die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Ballaststoffe als nicht verdauliche Kohlenhydrate plus Lignin.6
Beim Grossteil der Nahrungsfasern handelt es sich um Nicht-Stärke-Polysaccharide (NSP, also Mehrfachzucker = Polysaccharide, die sich vom Mehrfachzucker Stärke unterscheiden).1,5 Neben den NSP umfasst der Begriff Ballaststoffe auch das oft mit den Fasern verbundene Lignin (pflanzliche Stoffe, die durch Einlagerung in die Zellwand eine Verholzung bewirken).5 Beispiele für Ballaststoffe sind Zellulose (Cellulose), Pektine, Hydrokolloide, Fructo-Oligosaccharide und "resistente Stärke".6
Ballaststoffe wirken in vielen Teilen des Verdauungssystems, darunter im Mund, Magen, Dünndarm und Dickdarm (Kolon).4 Darmbakterien verarbeiten gewisse Ballaststoffsorten zu absorbierbaren Lebensmittelbestandteilen.1 Dabei hängen die positiven Effekte auf die Gesundheit von deren unterschiedlichen physikalisch-chemische Eigenschaften ab: Sie sind wasserlöslich oder wasserunlöslich, fest oder flüssig, bakteriell fermentierbar oder eben nicht fermentierbar.1,3
Es gibt in der Literatur keine einheitliche Unterteilung von Ballaststoffen. Bei detaillierten Unterscheidungen erfolgt diese nach (a) der Art der Quelle (pflanzliche oder tierische Polysaccharide und Polysaccharide aus nativen oder synthetischen Quellen), (b) der Art der Polysaccharidstruktur (lineare oder nicht-lineare Molekularstruktur) und (c) der Löslichkeit.7 Ballaststoffe lassen sich auch in Bezug auf ihre Löslichkeit in heissem Wasser, ihr Wasserhaltevermögen und ihrer Viskosität (Zähflüssigkeit) unterscheiden.2
Der Fokus liegt aber meist auf ihrer Löslichkeit (wasserlöslich bzw. wasserunlöslich).2,4,7 Lösliche Ballaststoffe sind der essbare Teil der Pflanze, welcher der Verdauung widersteht, aber sich im Dickdarm von Bakterien teilweise oder vollständig fermentieren lässt. Unlösliche Ballaststoffe hingegen passieren den Verdauungstrakt meist unversehrt.2 Die meisten Lebensmittel enthalten beide Arten von Ballaststoffen, etwa ein Drittel lösliche und zwei Drittel unlösliche Ballaststoffe.7 Da die Hauptquellen für lösliche Ballaststoffe Obst und Gemüse sind, stellen Getreide und Vollkornprodukte den grössten Anteil an unlöslichen Ballaststoffen dar.6
Neben der genannten Unterteilung gibt es auch eine Unterscheidung zwischen "lebensmitteleigenen" und "funktionellen" Ballaststoffen: "lebensmitteleigene" Ballaststoffe (diätetische Ballaststoffe = unverdauliche Kohlenhydrate, die intakt in Pflanzen vorkommen)7, "funktionellen" Ballaststoffe (extrahierte und/oder synthetisch hergestellte Ballaststoffe, die nachweislich positive körperliche Wirkungen beim Menschen haben).7,8 Zu den funktionellen Ballaststoffen gehören: β-Glucane, Zellulose, Chitine und Chitosan, Fruktane, Gummen (Pflanzengummis; klebende Pflanzenausscheidungsprodukte wie Arabisches Gummi bzw. Gummi arabicum - eines der ältesten Bindemittel), Lignin, Pektin, Polydextrose und Polyole, Psyllium (Flohsamenschalen), resistente Dextrine und resistente Stärke.2
Hier gehen wir auf einige der weiter oben genannten Ballaststoffe näher ein. Diese umfassen Lignin, Zellulose (Rohfasern), Hemizellulose (Pentosane), Pektin (Pektinstoffe), Speicherpolysaccharide, resistente Stärke und Oligosaccharide:
Die Oligosaccharide bestehen aus 3–9 verknüpften Einzelzuckern, während Polysaccharide aus mehr als 10 verknüpften Einzelzuckereinheiten bestehen. Oligosaccharide sind gut wasserlöslich und lassen sich leicht vom Mikrobiom (Mikrobiota) fermentieren. Zwei bekannte Vertreter sind die Fruktooligosaccharide (FOS) und die Galaktooligosaccharide (GOS).1
Wasserlösliche Ballaststoffe sind beispielsweise Pektin, Schleimstoffe, Fruktane und einige Bestandteile resistenter Stärke.2
Wasserunlösliche Ballaststoffe sind hauptsächlich Lignin, Zellulose und Hemizellulose.
Sucht man bei uns nach Lebensmitteln mit den höchsten Anteilen, so sind dies Flohsamenschalen (80,8 g/100g), Weizenkleie (42,8 g), Chiasamen (34,4 g), Leinsamen (27,3 g), diverse Bohnen (20-25 g), Nüsse (6-12,5 g) und Vollkorngetreide (11 g).20
Beim Vermahlen von Getreidekörnern zu raffinierten Mehlen entfernt man die äusseren, faserreichen Schichten. Dadurch sinkt der Gehalt an Gesamtballaststoffen. Vor allem die unlöslichen Ballaststoffe nehmen ab, was diese Verringerung verursacht.
Die Wärmebehandlung von Ballaststoffen verändert deren Eigenschaften auf verschiedene Weise. Eine Erhöhung der Temperatur bricht die Molekülbindungen der Polysaccharide, was die Analyse, Funktion und ernährungsphysiologische Bedeutung der Ballaststoffe beeinflusst. Durch die verringerte Assoziation oder Depolymerisation (der Abbau grosser Molekülketten in kleinere Einheiten) der Ballaststoffe steigt ihre Löslichkeit. Bei starker Depolymerisation entstehen alkohollösliche Fragmente, was den Ballaststoffgehalt reduziert. Eine moderate Depolymerisation oder verringerte Assoziation hat nur einen geringen Einfluss auf den Ballaststoffgehalt, kann jedoch die funktionellen und physiologischen Eigenschaften der Faser verändern.22
Ballaststoffe haben eine Vielzahl an positiven Effekten für unsere Gesundheit und wirken über eine Reihe von Mechanismen im gesamten Verdauungssystem (einschliesslich des Mundes, des Magens sowie des Dünn- und Dickdarms).4 Neben der Aufrechterhaltung eines gesunden Darms schützen sie uns auch vor gewissen Zivilisationskrankheiten.1 Die Einflüsse variieren je nach physikochemischen Eigenschaften, weshalb es empfehlenswert ist, sich durch abwechslungsreiche Ernährung einer breiten Palette an Ballaststoffen zu bedienen.
Ballaststoffpräparate sind in vielen Formen erhältlich, darunter Kapseln, Pulver und Kautabletten. Häufig bestehen sie aus einer einzigen Ballaststoffart, z.B. Inulin, Methylzellulose, Psyllium und Weizendextrin.7 Sie dienen hauptsächlich der Vorbeugung von Verstopfung und gelten als eine gesunde Option zur Erhöhung der Ballaststoffaufnahme, aber klinische Beweise belegen, dass die meisten Ballaststoffe in Nahrungsergänzungsmitteln keinen der gesundheitlichen Vorteile bieten, die mit einer ballaststoffreichen Ernährung verbunden sind.8
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Erwachsene Personen sollten zwischen 25 und 30 g Ballaststoffe pro Tag konsumieren.1,19
Einige Länder und Organisationen geben geschlechts- und altersspezifische Empfehlungen für den täglichen Ballaststoffbedarf an.
Diese Empfehlungen gelten für gesunde Personen. Gewisse chronische Krankheiten können den Ballaststoffbedarf beeinflussen.2
Die ballaststoffarme "westliche Ernährung" in den Industrienationen steht im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Krankheiten wie Fettleibigkeit, entzündlichen Darmerkrankungen, Typ-2-Diabetes, Darmkrebs, das metabolische Syndrom und verschiedene Herzerkrankungen.4,6,17 Zudem zeigte eine umfassende Untersuchung der globalen Auswirkungen der Ernährung, dass eine unzureichende Zufuhr von Vollkorn, Obst und Natrium für die Hälfte der ernährungsbedingten Todesfälle und zwei Drittel der behinderungsbereinigten Lebensjahre (DALY) verantwortlich ist. (DALY = disability-adjusted life year: Dies ist ein Mass, das die Krankheitsbelastung als Anzahl der Jahre angibt, die betroffene Personen durch eingeschränkte Gesundheit, Behinderung oder frühen Tod verlieren).18
Wie Thomas M. Barber et al. treffend zusammenfassen, gibt es viele Belege dafür, dass die Aufnahme von Ballaststoffen eine wichtige Rolle für die allgemeine Stoffwechselgesundheit spielt und nicht nur die Darmgesundheit positiv beeinflusst.6 Die Autoren weisen darauf hin, dass mehrere Faktoren zu unserer ballaststoffarmen modernen Ernährung beitragen. Die vielfältigen und unterschiedlichen gesundheitlichen Vorteile von Ballaststoffen führen dazu, dass eine Optimierung der Ernährungsweise eine wichtige Strategie für die öffentliche Gesundheit darstellt, um sowohl den Stoffwechsel als auch die allgemeine Gesundheit zu verbessern.6
Viele Menschen essen zu wenig Ballaststoffe, obwohl diese zahlreiche gesundheitliche Vorteile bieten. Wie die Verfasser einer 2020 publizierten wissenschaftlichen Übersichtsarbeit zusammenfassen, ist die Zufuhr von Ballaststoffen in vielen Ländern zwar hoch, liegt jedoch in Ländern mit hohem Einkommen allgemein unter den empfohlenen Werten.4 Es ist eine Tatsache, dass die modernen Ernährungsgewohnheiten zu einem erheblichen Rückgang des Ballaststoffkonsums geführt hat.17
Ein klares Beispiel in puncto Ballaststoff-Defizite liefern die Autoren einer wissenschaftlichen Arbeit: Sie erwähnen, dass nach Schätzungen im Jahr 2016 nur gerade einmal 5 % der US-Bevölkerung die empfohlene Menge an Ballaststoffen mit der Nahrung zu sich nahmen. Erwachsene nehmen im Durchschnitt etwa 15 g Ballaststoffe pro Tag zu sich, wobei diejenigen, die sich kohlenhydratarm ernähren, weniger als 10 g pro Tag konsumieren.8,2 Eine andere Übersichtsarbeit mit Fokus auf den Ballaststoffkonsum im Vereinigten Königreich zeigt, dass man die empfohlene Tagesmenge auf 30 g erhöht hat, aber nur 13 % der Männer und 4 % der Frauen diese Empfehlung erfüllen. Nach den analysierten Daten lag die durchschnittliche Aufnahme für Erwachsene im Jahr 2019/2020 bei 21 g für Männer und 17 g für Frauen.4
Diese Beispiele zeigen die Notwendigkeit, den Anteil an Ballaststoffen in der Ernährung zu erhöhen. Das Team um Peter Cronin schreibt in einer Publikation, dass sich die Grundnahrungsmittel der westlichen Ernährung von ehemals ballaststoffreichen zu energiereichen und hoch glykämisch (hoher Anteil an leicht verfügbaren Kohlenhydraten) beladenen Lebensmitteln gewandelt haben.17 Neben der geringeren Zufuhr an Ballaststoffen trägt auch der hohe Protein- und Fettgehalt der westlichen Ernährung zu den grossen Unterschieden in der Zusammensetzung der Darmbakterien von Personen aus Industrie- und Entwicklungsländern bei. Die Autoren schreiben auch, dass ein Vergleich des Mikrobioms (Gesamtheit aller Mikroorganismen) von Personen aus verschiedenen Industrieländern (USA, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien und Japan) kaum Unterschiede in Struktur und Zusammensetzung zeigte.17 Im Gegenzug dazu stehen dafür Veganer und Vegetarier aus diesen Gesellschaften, deren Darmmikrobiom eher dem von nicht industrialisierten Bevölkerungen mit einer hohen gewohnheitsmässigen Aufnahme von Ballaststoffen und einer geringen Häufigkeit von Stoffwechselkrankheiten ähnelt.17
Eine übermässige Aufnahme von Ballaststoffen kann zu Bauchbeschwerden, Blähungen oder Schwierigkeiten beim Stuhlgang führen. Bei Personen mit Reizdarmsyndrom kann es die Symptome der Verstopfung verschlimmern. Bei Diabetikern mit schwerer Gastroparese (Erkrankung, bei der Betroffene die Nahrung langsamer als gewöhnlich verdauen) können sich die Blutzuckerwerte bei erhöhter Ballaststoffzufuhr ebenfalls verändern.7
Bei manchen Menschen können Ballaststoffpräparate zusätzliche Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen, Asthma, Magen-Darm-Beschwerden sowie Wechselwirkungen mit Medikamenten und Nährstoffen hervorrufen.7 Ballaststoffpräparate können zudem die Eigenschaften einiger Arzneimittel beeinflussen, wenn man diese gleichzeitig einnimmt. So können diese u.a. die Absorption von bestimmten Arzneimitteln verringern und damit den Plasmaspiegel (Konzentration eines Stoffes im Blutplasma) beeinflussen, was sich auf die Wirksamkeit auswirken kann. Im Allgemeinen sollte man deshalb Medikamente mindestens eine Stunde vor oder zwei Stunden nach einer Ballaststoffergänzung einnehmen.7 Bei einer Zufuhr von natürlichen Ballaststoffen in gewöhnlichen Mengen ist dies in der Regel nicht zu berücksichtigen.
Ballaststoffe tragen auf vielfältige Weise zur Gesundheit bei, wobei die Art der Ballaststoffe entscheidend ist.
Die physikalischen Wirkungen von Ballaststoffen im Dünndarm hängen u.a. von der Viskosität (Zähflüssigkeit) der gelbildenden Fasern ab.8 So erhöhen beispielsweise β-Glucane (Beta-Glucane) und Psyllium die Viskosität und verringern die Rückresorption (Wiederaufnahme) von Gallensäuren.4,8 Da unser Körper für die Herstellung von Gallensäure Cholesterin benötigt, bewirken β-Glucane dadurch eine Senkung des Cholesterinspiegels.2 Einen ähnlichen, wenn auch geringeren Effekt auf die Cholesterinsenkung haben Pektin, Psyllium und Guarkernmehl.4 Das Ausmass der Cholesterinsenkung hängt von der Art der Ballaststoffe, der Menge und der Art der Ernährung ab. Gelbildende Fasern mit mittlerer bis hoher Viskosität sind besonders wirksam und Dosis-Wirkungs-Modelle zeigen, dass 3 g β-Glucan pro Tag aus Hafer oder Gerste ausreichen, um den Cholesterinspiegel zu senken.7
Lösliche Ballaststoffe binden im Dünndarm Zucker und erhöhen durch ihre Viskosität die Barrierewirkung unseren Enzymen gegenüber. Dies führt zu einer langsameren Aufnahme von Glukose und einem weniger schnellen Anstieg des Insulinspiegels. Zudem hemmt die Ballaststoff-Barriere das Enzym Amylase, das wir für den Abbau von Stärke benötigen. Das bewirkt eine geringere Stärkeverdauung und verbessert die Insulinempfindlichkeit.4
Dies führt dazu, dass die oben genannten gelbildenden und zähflüssigen Ballaststoffe den Cholesterinspiegel wirksam senken. Zudem verbessern sie die Blutzuckerkontrolle bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und metabolischem Syndrom (ein Zusammenspiel von Übergewicht, Zucker- und Fettstoffwechselstörungen sowie Bluthochdruck).8 Diese Vorteile sind aber nur den zähflüssig löslichen Ballaststoffen vorbehalten. Bei weniger zähflüssigen löslichen Nahrungsfasern wie Inulin oder unlöslichen Ballaststoffen (z.B. Weizenkleie) konnte man diesen Effekt nicht nachweisen.8
Letztere können aber auf andere Weise positive Effekte haben, wie Studien am Beispiel von Inulin zeigen. Eine 2021 publizierte Meta-Analyse zeigte, dass eine erhöhte Aufnahme von Inulin (im Durchschnitt zwischen 10 und 30 g pro Tag in den beobachteten Studien) den Blutzucker, das Gesamtcholesterin und die Triacylglycerol-Werte bei Patienten mit Prädiabetes und Diabetes signifikant senkt. Die Forschenden hatten mehrere Mechanismen vorgeschlagen, um die beobachteten gesundheitlichen Vorteile zu erklären, die bei Patienten mit Prädiabetes und Diabetes auftraten. Diese Mechanismen sind jedoch noch weitgehend ungeklärt.21
Im Dickdarm können Ballaststoffe abführend wirken, wenn sie (a) der Fermentation widerstehen und somit im gesamten Dickdarm intakt bleiben und (b) den prozentualen Wassergehalt erhöhen, um den Stuhl zu erweichen oder aufzublähen (z.B. Weizenkleie und Flohsamenschalen).8 Dies ist auch ein Grund, weshalb die Einnahme von Ballaststoffen mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr hilft, Verstopfungen vorzubeugen oder diese zu beseitigen.1
Gewisse Ballaststoffe wirken im Dickdarm als "Präbiotika". Diese Klasse funktioneller Ballaststoffe unterstützt die Aktivität oder das Wachstum gesundheitsfördernder Bakterien, hauptsächlich Laktobazillen und Bifidobakterien. Beispiele für Präbiotika sind Galacto-Oligosaccharide und Oligofruktose (Fructooligosaccharid, FOS), ein Mehrfachzucker aus der Gruppe der Fructane.2
Bestimmte Darmbakterien können aus gewissen Ballaststoffen u.a. kurzkettige Fettsäuren (SCFA = short chain fatty acids) bilden und ausscheiden, die viele verschiedene Effekte haben. Einerseits fördern sie die Produktion von appetitzügelnden Hormonen wie Peptid YY (Peptid-Tyrosin-Tyrosin oder PYY) und Glucagon-like-Peptid-1 (GLP-1) im Dickdarm. Andererseits können SCFA die Blut-Hirn-Schranke überwinden und als Signalmoleküle im Gehirn wirken, um sowohl den Appetit als auch die Entscheidungsfindung in Bezug auf Nahrungsmittel direkt zu beeinflussen.13 Ballaststoffquellen, die grosse Mengen an β-Glucan, resistenter Stärke und α-Galaktosiden enthalten, scheinen höhere Mengen an SCFA zu liefern. Die durch SCFA beeinflussten Stoffwechselwege betreffen neben den erwähnten Parametern auch die Produktion und den Abbau von Fettsäuren sowie die Herstellung von Cholesterin.7 Zudem fördern SCFA die Immunität und unterdrücken Entzündungsreaktionen im Darm und anderen Organen.14
Lösliche und unlösliche Ballaststoffe besitzten zahlreiche nicht nutritive Gesundheitseffekte. Der Reichtum an Ballaststoffen in Vollkornprodukten, Obst und Gemüse macht sie zu attraktiven Hilfsmitteln für die Prävention von Krankheiten sowie die Verringerung des Risikos für Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.2
Wir haben alle die Wahl, was unsere Ernährung angeht - auch wenn es bedauerlich ist, dass eine gesunde Ernährung im Allgemeinen mehr kostet als eine ungesunde Ernährung, die auf stark verarbeiteten Lebensmitteln basiert. Allerdings sollten uns die breite Verfügbarkeit, die Bequemlichkeit und die relativ niedrigen Kosten von stark verarbeiteten Lebensmitteln nicht dazu zwingen, diese relativ ungesunden Entscheidungen zu treffen.
Der regelmässiger und ausreichender Konsum von unterschiedlichen Ballaststoffen ist für die Aufrechterhaltung eines gesunden Organismus entscheidend. Je nach physikochemischen Eigenschaften der verschiedenen Ballaststoffe beeinflussen sie auf unterschiedliche Art und Weise weit mehr als nur unsere Verdauungsprozesse. Sie sorgen u.a. für einen gesunden Darm und verringern das Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten. Während wasserlösliche Ballaststoffe (wie die Mehrheit der Beta-Glucane aus Getreide wie Hafer) den Zucker und die Fette im Blut regulieren und Entzündungen senken, sind wasserunlösliche Ballaststoffe (wie Psyllium aus Flohsamenschalen) gut für ein erhöhtes Stuhlvolumen, das Vorbeugen von Verstopfungen und eine schnellere Entleerung von nicht verwertbaren Nahrungsbestandteilen.
Trotz der vielen Vorteile kann ein Übermass zu Bauchbeschwerden, Blähungen oder Schwierigkeiten beim Stuhlgang führen, die Aufnahme der Wirkstoffe gewisser Medikamente verzögern oder sich bei bestimmten Krankheiten ungünstig auswirken. Eine solche Übersättigung erreicht man aber in der Regel nicht, wenn man Ballaststoffe auf natürlichem Weg mit abwechslungsreicher Kost zu sich nimmt. Ein isoliertes Aufnehmen von Ballaststoffen in Form von Nahrungsergänzungsmitteln ist nicht vergleichbar mit der Aufnahme von natürlichen Ballaststoffen aus der Nahrung (zusammen mit den verbundenen Mikronährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen).
Deshalb empfehlen wir den Verzehr von genug ballaststoffreichen Lebensmitteln, in erster Linie von Vollkorngetreide, Obst und Gemüse, Nüssen, Samen und Hülsenfrüchten. Nach den meisten Ernährungsrichtlinien sind 25 g Ballaststoffe pro Tag für die Frau und 38 g für den Mann empfohlen. Es lohnt sich, in Ihre Zukunft zu investieren, indem Sie ballaststoffreiche Lebensmittel bevorzugen. Denn in erstaunlich vielen Ländern bewegt sich die breite Masse unter den Empfehlungsrichtlinien und gefährdet so auf lange Sicht die eigene Gesundheit.
Wie zu Beginn erwähnt, handelt es sich bei den Ballaststoffen um Stoffe, die unser Körper aufgrund fehlender Enzyme nicht verdauen kann. Trotzdem können sie unseren Energiewert auf zwei entgegengesetzte Arten beeinflussen. Einerseits ist unsere Mikroflora im Dickdarm in der Lage, die Ballaststoffe in Abhängigkeit ihrer Eigenschaften in unterschiedlichem Masse zu fermentieren. Dabei entstehen primär SCFA, die wir absorbieren und als Energiequelle nutzen können. Man schätzt, dass der Mensch täglich 300 mmol SCFA produziert, was 20 g SCFA entspricht.5
Allerdings können Ballaststoffe auch den Energiewert von Lebensmitteln verringern, indem sie die Verdauung und Absorption anderer energieliefernder Makronährstoffe in der Nahrung hemmen. Einige Ballaststoffe sind in der Lage, die Verarbeitungszeit zu verlängern, die Verweildauer im Magen zu erhöhen und möglicherweise über die SCFA-Produktion im Darm Stoffwechselvorgänge zu bewirken, die zur Sättigung beitragen können.5 Eine wissenschaftliche Arbeit, die sich mit dem Energiegehalt der Ballaststoffe auseinandergesetzt hat, kommt zum Schluss, dass aufgrund oben aufgeführter Argumente der energetische Beitrag sehr unterschiedlich ausfallen kann. Der Netto-Energiewert ist meist negativ und beträgt in der Regel nicht mehr als 8 kJ/g.5
Ballaststoffe aus der Nahrung gelangen über den Dünndarm in den Dickdarm, wo Darmbakterien sie teilweise fermentieren. Die nicht fermentierten Ballaststoffe scheidet der Körper zusammen mit anderen unverdaulichen Nahrungsresten über den Stuhl aus.23,5
Ballaststoffe sind strukturbasiert in verschiedene Kategorien eingeteilt. Dazu gehören Nicht-Stärke-Polysaccharide, resistente Stärken, resistente Oligosaccharide und auch Lignin, ein Nicht-Kohlenhydrat-Polymer, das in pflanzlichen Zellwänden vorkommt. Je nach Quelle lassen sich Ballaststoffe hauptsächlich in drei Untergruppen einteilen: (i) natürliche Kohlenhydratpolymere aus Pflanzen wie Gemüse, Obst und Getreide; (ii) essbare Kohlenhydratpolymere, die wir durch Verarbeitung von Lebensmitteln gewinnen und die uns physiologische Vorteile bieten (etwa resistente Oligosaccharide und Inulin); und (iii) synthetische Kohlenhydratpolymere mit nachgewiesenem Nutzen (wie Methylcellulose).23
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