Iod ist wichtig für die Schilddrüsenhormone. In Ländern mit jodarmen Böden kann iodiertes Salz oder Meersalz mit Algen ausreichend Iod liefern. Doch Vorsicht: Zu viel Salz und Iod kann ebenfalls schädlich sein. Wie viel ist also genug? Mehr dazu in unserem Artikel.
Die Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen ist bei einer ausgewogenen, pflanzenbasierten Ernährung mit wenig bis keinen industriell verarbeiteten Lebensmitteln in der Regel gegeben, mit Ausnahme von Vitamin B12. Doch vor allem sekundäre Pflanzenstoffe sind relevant für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Heilung von Krankheiten, obwohl sie nicht als essenzielle Nährstoffe gelten - ausser Vitamine.
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Iod (I), umgangssprachlich und früher Jod (J), ist ein essenzielles Spurenelement und Bestandteil der Schilddrüsenhormone Thyroxin (Tetraiodthyronin, T4) und Triiodthyronin (T3), die den Stoffwechsel, das Wachstum und die Entwicklung steuern. Baumann beschrieb Iod im Jahr 1895 als wesentlichen Bestandteil des Schilddrüsengewebes. Marine wies die Wirksamkeit von Iod zur Vorbeugung von Kropf im Norden der USA in den Jahren 1916-1920 nach.17,21
Iod kommt im Boden und im Meerwasser vor. Grössere Mengen davon finden sich in dem Meerwasser entstammenden Produkten wie Algen, Seetang und Seefischen. Ein Gramm Blasentang enthält allerdings mit 2700 µg, also 2,7 mg, schon das Zehnfache des Tagesbedarfs. Noch höher können die Werte bei der Kombu oder der Kelp Alge (ca. 38'000 µg) liegen.19 Beim Verzehr dieser Algen kann man leicht zu viel Iod aufnehmen. Der Iodgehalt lässt sich durch mehrstündiges Wässern der Algen mit Wasserwechsel und/oder Kochen um über 95 % reduzieren.6,8,9,13
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält getrocknete Algenprodukte mit einem Iodgehalt von 2000 µg/100 g und höher für nicht verkehrsfähig, da sie die Gesundheit schädigen können. Auch von Nahrungsergänzungsmitteln aus Meeresalgen rät das BfR dringend ab. Wegen des stark schwankenden Iodgehalts der Algen selbst und der mangelnden rechtlichen Definition der erlaubten Mengen bewegen sich diese Produkte in einer Grauzone, sodass die Verbraucher oft mehr Schaden als Nutzen davontragen.10
Zu beachten ist, dass der Iodgehalt von Algen jeweils in Abhängigkeit von Jahreszeiten, Umweltbedingungen, Wassertiefe und Temperaturen erheblich schwankt. Dabei kann auch der Iodgehalt einzelner Algenarten untereinander sehr schwanken. Seetang- und Meeresalgenerzeugnisse lassen sich - selbst bei genauer Kenntnis des Stammes bzw. der Algenart - nur schwer nach der Höhe des Iodgehaltes einer bestimmten Region zuordnen.6 Entscheidend ist nicht nur der natürliche Iodgehalt, sondern auch die Art der Zubereitung (Kalt- oder Heissextraktion, Pasteurisation).7
In Spuren kommt Iod, je nach Iod-Gehalt der Böden, auch in anderen Lebensmitteln vor, beispielsweise in Karotten (3,1 µg/100 g), Erdbeeren (2,8), Bananen (2) und Zitronen (1,6), doch müsste man davon mehrere kg pro Tag essen. Bei Brokkoli (15), Erdnüssen (13) und Spinat (12) wäre es noch immer ein kg. Getrocknete Steinpilze weisen 27 µg/100 g auf. Allerdings sind auch hier die Schwankungen sehr gross.19
Lebensmittel wie Kohlgewächse, Sojabohnen und Süsskartoffeln enthalten Inhaltsstoffe, die Iod aus der Nahrung binden und damit seine Bioverfügbarkeit verringern. Bei übermässigem Verzehr können sie die Bildung eines Kropfes begünstigen. Mehr dazu weiter unten.
Die meisten Staaten haben mit verschiedenen Massnahmen dafür gesorgt, dass die Bevölkerung mit üblichem Essverhalten genug Iod bekommt. Meist ist das Iod dem Speisesalz zugefügt und gelangt auch so durch die Nahrungsmittelindustrie in viele Nahrungsmittel. Speisesalz mit Iod angereichert enthält 1500-2500 µg/100 g, Meersalz mit Algen angereichert 2000 µg/100 g, normales Meersalz nur 10-200 µg/100 g.
Wer sich naturnah ernährt, sollte auf die Iodzufuhr achten. Ohne ausreichendes Wissen über Algen kann man leicht zu viel Iod aufnehmen. Einige Speisealgen wie Kombu oder die Braunalge Arame haben einen sehr hohen Iodgehalt. Die beliebte Sushi-Alge "Nori" hat dagegen nur einen mässigen Iodgehalt. Leider gibt es keine Deklarationspflicht, sodass bei den meisten Produkten genaue Angaben zum Iodgehalt fehlen oder nur "enthält < 20 g/kg" angegeben ist. Eine langsame Gewöhnung an Algen ist für Personen mit Schilddrüsenunterfunktion wichtig, um eine plötzliche Überreaktion zu vermeiden.
Algen können auch mit Schwermetallen oder Toxinen belastet sein. Deshalb ist es wichtig, auf die Herkunft der Algen und eine ausführliche Deklaration zu achten. Algen aus Asien weisen aufgrund längerer Wachstumsphasen häufig sehr hohe Iodgehalte auf. Biologisch zertifizierte Algen sind zu bevorzugen.13
Algen kann man in Naturkost-, Bio- und Asia-Läden, Reformhäusern und im Onlineshop kaufen. Arame-Algen schmecken nach Meer (nicht nach Fisch), aber bei 0,25 g täglich schmeckt man dies kaum. Diese Alge kann man in Suppen und Eintöpfe geben und mitkochen oder ins Müsli streuen. Das vegane Geliermittel Agar-Agar (E 406) stammt auch aus Algen, beinhaltet aber sehr wenig Iod. Auch den Lebensmittelzusatzstoff Carrageen (E 407) stellt man aus Rotalgen her.
In der folgenden Tabelle sehen Sie den Iodgehalt von verschiedenen Algen und Salzen. Der natürliche Iodgehalt kann aber sehr stark schwanken. Andere Gemüsearten führen wir hier aufgrund der zu niedrigen Gehalte nicht auf.
Zutat | I Ø µg/100g | Bemerkungen und Tagesbedarf (150 µg) |
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Kombu, getrocknet | 295'400 | 170'000-420'800 µgc; Tagesbedarf: ca. 0,1 g |
Arame, frisch | 8750 | e umgerechet; Tagesbedarf: ca. 1.7 g |
Arame, getrocknet | 70'000 | e; resp. 98'000-564'000 µgc; Tagesbedarf: ca. 0,2 g |
Spirulina, Pulver | 456 | a; Tagesbedarf: ca. 33 g |
Nori, getrocknet | 317 | d; 430-6000 µgc; Tagesbedarf: ca. 150 g also ca. 60 Blätter |
Dulse (Lappentang), getrocknet | 7500 | e; 8000-10'000 µgb, Tagesbedarf: ca. 2 g |
Kelp, roh (Laminaria) | 38'000 | e; Tagesbedarf 0,05 g |
Wakame, roh | 4200 | d; Tagesbedarf 3,5 g |
Wakame, getrocknet | 22'700 | 10'400-35'000 µgc; Tagesbedarf: ca. 0.7 g |
Knorpeltang, roh | 6100 | e; Tagesbedarf ca. 2.5 g |
Knorpeltang, getrocknet | 23'800 | e; Tagesbedarf ca. 0.6 g |
Seetang, roh | 260 | e umgerechet; Tagesbedarf 58 g |
Spirulina, roh | 50 | d; Tagesbedarf: ca. 300 g |
Speisesalz mit Iod | 2000 | 1500-2500 µg; Tagesbedarf: ca. 8 gc |
Meersalz mit Algen | 2000 | Tagesbedarf: ca. 7,5 gc |
Meersalz | 100 | Tagesbedarf: ca. 150 g |
Quellen: a) USDA, b) biothemen.de, c) Leitzmann und Keller 2013, d) Bundeslebensmittelschlüssel 3.02, e) Bouga und Combet 2015, f) Blikra MJ et al.
Einige Nahrungsmittel enthalten sogenannte Goitrogene (kropferzeugende Substanzen), welche die Aufnahme von Iod stören. Diese Substanzen kommen in Hirse sowie in Kreuzblütlern wie den Kohl-Sorten vor. Die meisten dieser Goitrogene sind erst in grossen Mengen oder bei gleichzeitigem Iodmangel von klinischer Bedeutung.
Die Isoflavone Genistein und Daidzein aus Sojabohnen können ebenfalls die Synthese der Schilddrüsenhormone hemmen. Gleichzeitig haben diese Substanzen als Phytoöstrogene auch positive Wirkungen auf den Körper.3,4,5
Iod ist für die Synthese von Schilddrüsenhormonen und die fötale Neuroentwicklung von entscheidender Bedeutung und steht in engem Funktionszusammenhang mit Selen.16
Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen: Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler. |
Die Zufuhr-Empfehlungen (D-A-CH-Referenzwerte) für Personen zwischen 13 und 50 Jahren betragen 200 µg Iod pro Tag. Danach sinkt der Bedarf auf 180 µg. In der Schwangerschaft steigt der Bedarf auf 230 µg und in der Stillzeit auf 260 µg. Iodiertes Speisesalz allein kann dies oft nicht decken: Bei einem täglichen Verbrauch von 5 g Kochsalz liefert iodiertes Speisesalz 75-125 µg Iod.
Eine sichere tägliche Höchstmenge (UL) für Iod beträgt 500 µg (0,5 mg). Das Doppelte kann auf Dauer toxisch wirken. Allerdings ist diese Obergrenze bei Bevölkerungsgruppen mit Iodmangel deutlich niedriger, da die Empfindlichkeit gegenüber einer hohen Iodzufuhr von der Iodversorgung in der Vergangenheit abhängt. Ähnliches gilt für Personen mit autoimmunbedingten Schilddrüsenerkrankungen.11
Die WHO zählt den Iodmangel zu den weltweit grössten Gesundheitsproblemen. Die Schilddrüsenvergrösserung (der sogenannte Kropf, Struma diffusa) ist eines der frühesten Zeichen eines Iodmangels. Schilddrüse vergrössert sich aufgrund der kontinuierlichen Anregung durch TSH, Schilddrüsenhormone zu produzieren, was jedoch nicht möglich ist, weil hierfür das Iod fehlt. Der Kropf kann zu folgenden Beschwerden führen: Zunahme des Halsumfangs, das Gefühl, einen "Kloss" im Hals zu haben, Atembeschwerden, Schluckbeschwerden, Stauung in den sichtbaren Halsvenen.3,4,5
Bei schwerem Iodmangel kann der Körper nicht genügend Hormone herstellen, was zu einer Unterfunktion der Schilddrüse und den klassischen Symptomen einer Hypothyreose führt. Je nach Schwere des Mangels können Symptome wie Müdigkeit, verlängerte Reaktionszeit, Konzentrationsschwäche, Antriebslosigkeit, Kälteempfindlichkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtszunahme, trockene und kühle Haut, heisere und tiefe Stimme, Bradykardie (Verlangsamung des Herzschlags) und erhöhte Cholesterin-Serumspiegel auftreten.3,4,5
Bei Kindern können Schilddrüsenprobleme zum Nachlassen der schulischen Leistungen und zu einer verlangsamten körperlichen und geistigen Entwicklung führen. Ein Iodmangel hat die ungünstigsten Auswirkungen in den jungen Lebensjahren, wo die Entwicklung des Gehirns stattfindet.
Ältere Menschen verwechseln oft Leistungsschwäche als einziges Symptom mit allgemeinen altersbedingten Veränderungen, obwohl es auch vorkommen kann, dass mangelnde Schilddrüsenhormone bei älteren Menschen eine Demenz verursachen, die durch Iod-Supplementation reversibel ist im Gegensatz zu Altersdemenz.
Ein Iodmangel während der Schwangerschaft kann schwerwiegende Auswirkungen auf die geistige Entwicklung des Ungeborenen haben. In den schwersten Fällen kann sich eine kongenitale Hypothyreose (Kretinismus) entwickeln.3,4,5
Nur wenige Länder (die Schweiz, einige der skandinavischen Länder, Australien, die USA und Kanada) galten vor 1990 als eindeutig iodversorgt. Seitdem verwenden weltweit über 70 % der Haushalte Iodsalz, was den Iodmangel drastisch reduziert hat. Laut WHO ist Iodmangel nicht nur ein Problem der Entwicklungsländer; Europa hat mit 52 % die höchste Prävalenz. Dort nutzen nur etwa 25 % der Haushalte Iodsalz.23
In Südostasien gibt es weltweit die meisten und schwerwiegendsten Fälle von Iodmangelkrankheiten. Diese Probleme erstrecken sich über den gesamten Himalaya-Gürtel und angrenzende Gebiete, besonders dort, wo Überschwemmungen regelmässig das Iod aus dem Boden auswaschen. Länder wie Bangladesch, Bhutan, Birma, Indien, Indonesien, Nepal, Sri Lanka und Thailand sind besonders stark betroffen.22
Eine tägliche Iodaufnahme von mehr als 1000 µg kann zu verschiedenen Krankheitsbildern führen, darunter Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), Immunthyreopathie (Basedow-Krankheit, eine Autoimmunerkrankung, die zu einer Schilddrüsenüberfunktion führt), Hashimoto-Thyreoiditis (eine Autoimmunerkrankung, die zu chronischer Schilddrüsenentzündung führt), akute Blockade der Iodaufnahme in der Schilddrüse und in seltenen Fällen zu Überempfindlichkeitsreaktionen.
Die weltweite Prävalenz der Schilddrüsenüberfunktion beträgt in Ländern mit ausreichender Jodversorgung etwa 0,2-2,5 %. Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion ist die Basedowsche Krankheit. Diese betrifft weltweit etwa 2 % der Frauen und 0,5 % der Männer. Andere Ursachen für Hyperthyreose und Thyreotoxikose sind toxische Knoten und die thyreotoxische Phase der Thyreoiditis. Eine unbehandelte Schilddrüsenüberfunktion kann zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen, darunter:24,25
In den letzten Jahren stieg die Anzahl der Patienten mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse an. Für diese Personen ist ein Zuviel an Iod schädlich. Man schätzt, dass in Deutschland bereits 10 % der Bevölkerung an Hashimoto-Thyreoiditis erkrankt sind. Nähere Informationen zu dieser speziellen Iod-Überversorgung finden Sie beim Punkt "Zusatzinformationen für besonders interessierte Leser".10,20
Eine aktuelle Studie aus Hunan, China, untersuchte den Zusammenhang zwischen der täglichen Aufnahme von jodiertem Salz und dem Risiko für Schilddrüsenknoten sowie Schilddrüsenkrebs. Die Analyse umfasste über 51’000 Personen in dieser Untersuchung. Die Ergebnisse zeigen, dass eine tägliche Aufnahme von mehr als 5 Gramm jodiertem Salz das Risiko für die Bildung von Schilddrüsenknoten signifikant erhöht. Besonders betroffen sind Personen über 60 Jahre. Zu den unabhängigen Risikofaktoren, die mit einer täglichen Jodsalzaufnahme von mehr als 5 g verbunden sind, gehören Alter, Triglyceridspiegel, familiäre Tumorerkrankungen, körperliche Aktivität und Familienstand. Gleichzeitig verringert gesteigerte körperliche Aktivität das Risiko von Schilddrüsenknoten und Schilddrüsenkrebs, das durch die Aufnahme von jodiertem Salz entsteht.26
Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig eine ausgewogene Ernährung und ein gesunder Lebensstil für die Schilddrüsengesundheit sind. Besonders bei älteren Menschen kann eine Reduktion des Jodsalzkonsums und regelmässige körperliche Aktivität das Risiko für Schilddrüsenknoten und -krebs senken.
Iod ist für die Synthese der Schilddrüsenhormone T4 und T3 verantwortlich. Die Hormone T4 und T3 regulieren zahlreiche wichtige Stoffwechselprozesse wie:1,2,3,4,5
Der Körper resorbiert Iod im Dünndarm nahezu vollständig. Ein spezifischer, natriumabhängiger Iodid-Transporter transportiert Iodid über die Blutbahnen in die Schilddrüse sowie in andere Gewebe wie Speicheldrüse, Brustdrüse und Magen. Eine zu hohe Aufnahme von Nitrat durch die Nahrung – beispielsweise über Spinat und Mangold – und das Trinkwasser (> 50 ml/l) hemmt den aktiven Iodid-Transport in der Schilddrüse und im Gastrointestinaltrakt.
Das in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) gebildete, die Thyreoidea stimulierende Hormon (TSH) fördert den Transport von Iodid in die Thyreozyten der Schilddrüse. Nach der Oxidation von Iodid durch die Thyreoperoxidase folgt die Bindung an T4. Die Thyreoperoxidase ist ein Hämenzym, dessen Aktivität - und damit die Synthese von T4 - bei einem Eisendefizit eingeschränkt sein können.
Die Thyreoperoxidase katalysiert die Reaktion zur Bildung von L-Thyroxin (T4) und T3. Für die Biosynthese benötigt der Körper die Aminosäure Tyrosin. Die Schilddrüsenhormone T4 und T3 sind im Plasma zu über 99 % an Transportproteine gebunden. Nur ein geringer Anteil dieser Hormone liegt in freier, ungebundener Form vor. Stoffwechselaktiv sind ausschliesslich die freien Hormone, also freies T3 und freies T4. Die Umwandlung von T4 zum biologisch aktiven T3 erfolgt unter anderem in Leber und Niere durch die selenhaltigen Thyroxin-5-Deiodasen.1,2,3,4,5
Die Menge an Iod, die der Körper aufnimmt, kann von der Menge, die wir essen, abweichen. Studien zeigen, dass bei einer Mahlzeit mit 1000 µg Iod (/100 g) in Algen der Körper wahrscheinlich weniger als 900 µg aufnimmt. Wie viel Iod der Körper aufnimmt, hängt davon ab, wie oft und wie viel Iod wir essen, zum Beispiel durch regelmässigen Verzehr von Algen. Japaner haben genetisch eine höhere Toleranz gegenüber Iod.6,14
Bei gesunden Erwachsenen liegt die Jodabsorption aus der Nahrung bei über 90 %. In Gebieten mit ausreichender Jodversorgung nimmt die Schilddrüse etwa 60 μg Jod pro Tag auf, um Verluste auszugleichen und die Produktion von Schilddrüsenhormonen aufrechtzuerhalten. Der Jodbestand eines gesunden Erwachsenen beträgt 10 bis 20 mg, wovon 70 bis 80 % in der Schilddrüse gespeichert sind. Jod ist für die Bildung von Schilddrüsenhormonen erforderlich.18 Die Schilddrüsenfollikel speichern die Schilddrüsenhormone als Kolloid für mehrere Monate und können den Körper bis zu drei Monate lang versorgen.27 Laut Biesalski (2015) reicht der so gebildete Schilddrüsenhormonspeicher im Kolloid jedoch für etwa zwei Monate ohne Jodzufuhr aus.28
Die Schilddrüse gibt die Hormone in den Blutkreislauf ab und der Abbau der Hormone im Körper setzt Jod frei, das entweder zur Wiederaufnahme durch die Schilddrüse oder zur Ausscheidung über die Nieren führt. Der Körper scheidet etwa 90 % des Spurenelements über den Urin aus.18
Die individuelle Iod-Versorgung bestimmt man indirekt durch die Messung der Iod-Ausscheidung im Urin. Die Iod-Ausscheidung misst man im 24-Stunden-Urin oder auch im Spontanurin. Eine Ausscheidung von 100-200 µg/l gilt als optimale Iod-Versorgung. Werte unter 50 µg/l zeigen eine Unterversorgung an. Werte über 200 µg/l deuten auf eine mässig zu hohe, nicht mehr angemessene Iod-Versorgung hin. Eine Iod-Ausscheidung von über 300 µg/l gilt als Zeichen einer Überversorgung, bei Schwangeren liegt dieser Wert über 500 µg/l.18
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine autoimmun verursachte Schilddrüsenentzündung. Das bedeutet, dass das Immunsystem fälschlicherweise Antikörper gegen die eigene Schilddrüse bildet, da es deren Gewebe als fremd ansieht. Dies führt zu einer chronischen Entzündung des Organs und im Verlauf zu einer Schilddrüsenunterfunktion.
Als mögliche Ursache für Hashimoto-Thyreoiditis ist neben genetischer Veranlagung, Selenmangel, Virusinfektionen, Umwelteinflüssen, übermässigem Glutenkonsum und Stress auch eine erhöhte Aufnahme von Iod. Man vermutet, dass hohe Iod-Dosen eine Aktivierung des Immunsystems zur Folge haben und dies bei bestimmten Personengruppen zur Auslösung von Autoimmunerkrankungen, insbesondere im Bereich der Schilddrüse, führen kann. Auffällig ist, dass in allen Ländern, in denen die Iodierung der Lebensmittel eingeführt ist, die Häufigkeit von Hashimoto-Erkrankungen stark zugenommen hat. In allen Ländern, in denen man das Trinkwasser iodiert, kommt es zu höheren Zahlen von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse.
Mittlerweile verwendet ein grosser Teil der Bevölkerung Iodsalz, die meisten Bäckereien setzen iodiertes Speisesalz ein und in vielen Fertigprodukten ist iodiertes Salz enthalten. Deshalb steigt der Anteil jener, die mit ihrer Ernährung zu hohe Mengen an Iod zu sich nehmen, stetig an. Seit Anfang der 90er Jahre reichert man auch Futtermittel mit Iod an. Immer noch ist Iod gar nicht auf allen Lebensmitteln gekennzeichnet und bei verpackten Produkten steht in der Zutatenliste nur "iodiertes Speisesalz"; die genaue Menge ist nicht deklarationspflichtig. Iod kann sich deshalb in vielen Lebensmitteln verstecken. Für Patienten mit autoimmun bedingten Schilddrüsenerkrankungen wie Morbus Basedow oder Hashimoto-Thyreoiditis ist es somit immer schwieriger, in ihrer Ernährung Iod einzuschränken bzw. zu vermeiden.10
In Ländern mit ausreichender Iodversorgung, wie den USA und asiatischen Ländern, ist das Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch Iod sehr gering oder erst bei hohen Mengen (über 1000 µg) aus Meeresalgen vorhanden. Eine Studie in China zeigte, dass die Prävalenz subklinischer Hyperthyreosen in Iodmangelregionen mit 3,9 % höher ist als in Regionen mit Iodexzess (1,9 %). Das Risiko einer iodinduzierten Hyperthyreose hängt von der Ioddosis und der geografischen Region ab. In Iodmangelgebieten wie Deutschland ist die Inzidenz iodinduzierter Hyperthyreosen zehnmal höher als in Regionen ohne Iodmangel, wie den Niederlanden oder den USA.10
Die Iodtabletten für Atomunfälle enthalten 50 mg Iod. Pro Tag muss man zwei Tabletten einnehmen (Stillende dürfen nur an max. 2 Tagen). Durch die Kernspaltung entsteht unter anderem radioaktives Iod, das sich durch einen Unfall in der Luft freisetzen kann. Nehmen wir zu viel von dem radioaktiven Iod auf, steigt die Wahrscheinlichkeit, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Das nicht radioaktive Iod der Tabletten "sättigt" die Schilddrüse und nimmt kein radioaktives Iod mehr auf, man nennt dies "Iodblockade".12
Iod gehört zu den Halogenalkanen. Es kommt im Meerwasser in Form von Iodid (I−) und Iodat (IO3−) vor. Iod kommt in der Natur aufgrund seiner Reaktionsfreudigkeit nicht in freier, sondern in kationisch gebundener Form vor.10 So gelangt es als Iodid, Iodat oder organisch gebunden über die Nahrung in den Organismus. Iod ist als Gas dunkelviolett, in festem Zustand grau und glänzend.
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