Inhaltsverzeichnis
Kaltgepresstes Leinöl (Leinsamenöl, Flachsöl) gewinnt man aus rohen Leinsamen, den reifen Samen des Gemeinen Leins oder Flachses (Linum usitatissimum).
Verwendung in der Küche
Wie schmeckt Leinöl? Qualitativ hochwertiges Bio-Leinöl schmeckt frisch leicht nussig bis heuartig, nach einer längeren Lagerung bekommt es einen bitteren und kratzigen Geschmack.10
Mit Leinöl kann man Salatsaucen und Dips zubereiten. In der Lausitz, in Sachsen und in Schlesien verwendet man Leinöl traditionell in milchhaltigen Speisen wie in Quark mit Kartoffeln oder Pellkartoffeln, in Gurkensalat oder in Sahnesauce. Die Ölschicht auf den Milchspeisen verhindert einen schnellen sauren Umschlag, was man sich früher im Sommer zunutze machte. Auch in der oberösterreichischen Küche ist Leinöl Bestandteil vieler Zubereitungen. Als vegane Alternative eignet sich Quark aus Soja oder Mandeln, vegane saure Sahne oder Sojajoghurt, die man mit Leinöl beträufeln kann.
Weil Leinöl schnell oxidiert und dadurch wichtige Nährstoffe verlorengehen, sind frisch gemahlene Leinsamen im Müesli empfehlenswerter - z.B. im Erb-Müesli oder Erb-Müesli plus Haferflocken.
Kann man mit Leinöl braten? Leinöl ist zum Dünsten und Braten ungeeignet. Das Öl besteht zum grössten Teil aus mehrfach ungesättigten, reaktionsfreudigen Fettsäuren, die sich ab Temperaturen über 100 °C verändern. Leinöl kann man gut in der kalten Küche verwenden oder gekochte Speisen unmittelbar vor dem Servieren damit anreichern.2
Wir empfehlen, allgemein auf grosse Hitze zu verzichten und schonend zu dünsten oder Rohkost zu bevorzugen.
Rezept für veganen Birnen-Quark mit Leinöl
Zutaten (für 4 Portionen): 120 g veganer Soja-Quark oder Sojajoghurt, 1 Birne (roh, bio), evtl. 1 TL Agavensirup (oder 1 TL flüssiger Honig), 2 TL Leinöl (bio).
Zubereitung: Soja-Quark oder Soja-Joghurt in eine Schüssel geben. Birne waschen, grob raffeln und unter den Quark mischen. Bei Bedarf mit Agavensirup oder Honig süssen. Birnen-Quark mit Leinöl beträufeln.
Der vegane Birnen-Quark passt gut zu Pellkartoffeln oder Süsskartoffeln.
Vegane Rezepte mit kaltgepresstem Leinöl finden Sie unter dem Hinweis: "Rezepte, die am meisten von dieser Zutat haben".
Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen: Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler. |
Einkauf - Lagerung
Als Speiseöl ist Leinöl vermehrt als kontrolliert biologisches Produkt im Handel. Selbst bei Supermarktketten wie Coop, Migros, Spar, Aldi, Lidl, Rewe, Edeka, Billa oder Hofer ist es ganzjährig erhältlich. Denner und Volg führen Leinöl nicht in ihrem Dauersortiment. Man kann Leinöl im Reformhaus, Bio-Laden, in Drogerien wie Müller, Rossmann oder DM, in lokalen, traditionellen Ölmühlen, im Online-Handel sowie in Bio-Supermärkten wie Denn's Biomarkt oder Alnatura in biologischer Qualität kaufen.
Leinöl verdirbt rasch nach dem Öffnen. Viele Händler bieten deshalb praktische 50-ml-Flaschen an.
Die Verfügbarkeit von Leinöl ist je nach Grösse des Ladens, Einzugsgebiet etc. unterschiedlich. Unsere erfassten Lebensmittelpreise für die D-A-CH-Länder finden Sie oben unter dem Zutatenbild - und mit Klick deren Entwicklung bei verschiedenen Anbietern.
Kaltgepresste Öle (Gesetze, Rohkost)
In der Schweiz spricht man von einem kaltgepressten Öl, wenn die Ölsaat nicht erhitzt war, die Presstemperatur 50 °C nicht überschritten hat und keine problematische Nachbehandlung stattgefunden hat.
Laut dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) gilt ein Speiseöl als kaltgepresst (oder darf mit Synonymen wie (extra) nativ, unraffiniert, kaltgeschlagen oder naturbelassen bezeichnet sein), wenn es durch Pressung oder Zentrifugierung aus zuvor nicht erhitzten Rohstoffen entstanden ist, die Temperatur bei der Pressung 50 °C nicht überstiegen hat und es zu keiner Raffination, d. h. keiner Neutralisation, keiner Behandlung mit Adsorbentien, Bleicherde und keiner Ausdämpfung gekommen ist.
Das Prädikat «schonend gedämpft» darf ein Öl tragen, wenn sich die Raffination ausschliesslich auf eine Ausdämpfung beschränkt hat und dabei 130 °C nicht überschritten hat.24
In der EU und den USA scheint für kaltgepresste Öle keine allgemeingültige Temperaturgrenze gesetzlich festgelegt zu sein. Beispielsweise sind die Leitsätze für Speisefette und Speiseöle des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (D) ähnlich verfasst wie die Verordnung des EDI, sie geben aber keine zulässige Höchsttemperatur für die generelle Kaltpressung an – da sie nur für Erzeugnisse gelten, deren Kennzeichnung und Zusammensetzung nicht abschliessend rechtlich festgelegt ist (also z.B. nicht für Olivenöl, Kakaobutter, Milchfette, Streichfette).23
Hingegen sehen sowohl die EU-Richtlinien als auch die Änderung der Verordnung des EDI über Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, Pilze und Speisesalz eine Sonderregelung für die Kennzeichnung von Olivenölen vor.20,21
Dies sind selektive Vermarktungsregeln, in welchen der Begriff Rohkost nicht definiert ist. Bei 'Rohkost' und 'roh' handelt es sich also nicht um staatlich geschützte Begriffe (wie es bei der Bezeichnung 'bio' der Fall ist), was viel Raum für Interpretationen zulässt. Obwohl man sich einig ist, dass bei der rein mechanischen Kaltpressung die Presstemperaturen in der Regel 40 °C nicht überschreiten, darf man bei Speiseölen nicht leichtgläubig von Rohkost-Qualität ausgehen. Denn es besteht der Verdacht, dass die praktizierte Messmethode nicht die Temperatur im Presszylinder angibt (wo die Erwärmung am höchsten ist), sondern nur die Auslauftemperatur im Ölschlauch. Bei den wassergekühlten Olivenöl-Pressen (sogenannten "watercooled 37°"-Ölpressen) kann man vermutlich nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, welche Hitze im Innern des Presszylinders herrscht, weil der gesamte Presszylinder von Kühlmanschetten umgeben ist.
Ausserdem beeinflussen sowohl Pressdruck und Pressgeschwindigkeit als auch der Feuchtigkeitsgehalt der Ölsaat die Presstemperatur. Wenn z.B. der Feuchtigkeitsgehalt zu niedrig ist, steigt bei der Pressung die Temperatur an und es gestaltet sich schwierig, sogar unter der Höchstgrenze von 50 °C zu bleiben.15
Tipps zur Lagerung
Leinöl ist sehr lichtempfindlich. Es oxidiert nach kurzer Zeit und beginnt, bitter und später ranzig zu schmecken. Ursachen dafür sind Luftsauerstoff, Licht und Feuchtigkeit. Leinöl sollte man daher kühl und dunkel lagern - insbesondere nach dem Öffnen empfiehlt es sich, Leinöl in einem dunklen, luftdicht verschliessbaren Gefäss im Kühlschrank aufzubewahren.
Da man dieses Öl in vier bis acht Wochen aufbrauchen sollte, ist es sinnvoll, es in kleinen Flaschen zu kaufen.4,10
Unser Tipp: Benötigt man Leinöl einige Tage nicht, kann man es einfrieren und bei Bedarf im Kühlschrank auftauen. Der Schmelzpunkt von Leinsamenöl bzw. Flachsöl liegt bei -16 bis -20 Grad Celsius. Da sich Öl beim Gefrieren nicht ausdehnt, zerspringt das Glas nicht. Lagert man Leinöl in festem Zustand, verlangsamt sich die Alterung drastisch.
Inhaltsstoffe - Nährwerte - Kalorien
Der Energiegehalt von Leinöl liegt bei 884 kcal pro 100 g. Dies entspricht ca. 120 kcal pro 1 EL. Es besteht fast ausschliesslich aus Fett.8
Leinöl weist ein auffälliges Fettsäuremuster auf: Neben 9 % gesättigten enthält es knapp 90 % ungesättigte Fettsäuren. 53 % machen die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren (Alpha-Linolensäure, ALA) aus. Omega-6-Fettsäuren (Linolsäure, LA) sind zu 14 % enthalten. Leinöl gilt als reichste Nahrungsquelle für Alpha-Linolensäure. Das ernährungsphysiologisch sehr günstige Verhältnis von LA zu ALA beträgt bei Leinöl 1:4. Ein Esslöffel liefert 7,3 g Omega-3-Fettsäuren, was den Tagesbedarf mehrfach deckt.
Der Vergleich mit anderen Ölen zeigt folgende Verhältnisse: Rapsöl (LA:ALA 2:1), Leindotteröl (je nach Literaturquelle 2 bzw. 3:1), Hanföl (LA:ALA 4:1) oder Walnussöl (LA:ALA 5:1). Wegen ihres enorm hohen Gehalts an Linolsäure sind Sonnenblumenöl, Erdnussöl, Traubenkernöl, Distelöl oder Maiskeimöl zu meiden, ebenso Palmfett oder Kokosfett, die reich an gesättigten Fettsäuren sind.8
Vitamin K ist in Leinöl zu 9,3 µg/100g vorhanden (12 % des Tagesbedarfs), Walnussöl hat mit 15 µg/100g etwas mehr. Rapsöl hat mit 71 µg/100g ein Vielfaches davon.
In Leinsamenöl ist mit 0,47 mg/100g auch Vitamin E enthalten, ähnlich wie bei Walnussöl (0,40 mg/100g). Sesamöl hat mit 1,4 mg/100g etwas mehr, Hanföl zeigt mit 41 mg/100g noch höhere Werte des Vitamins.
Um langfristig über die Ernährung ein günstiges Verhältnis von Omega-6-Fettsäuren zu Omega-3-Fettsäuren zu erreichen, sollte man idealerweise Omega-3-reiche Saaten und Nüsse verwenden - anstelle von Ölen und Fetten. Solche Samen (v.a. Leinsamen, Chiasamen, Hanfsamen) und Nüsse (v.a. Walnüsse) sind natürliche und ballaststoffreiche Quellen, mit denen man den Bedarf gut abdecken kann.
Die gesamten Inhaltsstoffe von kaltgepresstem Leinöl, die Abdeckung des Tagesbedarfs und Vergleichswerte mit anderen Zutaten finden Sie in unseren Nährstofftabellen. Im Artikel Nährstoffe umfassend erklärt bekommen Sie einen detaillierten Einblick in das Thema.
Wirkungen auf Gesundheit
Ist Leinöl gesund? Da Öl, ähnlich wie Zucker, ein unnatürliches Konzentrat ist, vertreten wir die Meinung, dass kein Öl die Bezeichnung 'gesund' verdient. Daher halten wir es für falsch, Leinöl als Superfood zu bezeichnen. Öle und Fette sind grundsätzlich massvoll zu geniessen.
Einige prominente Ärzte in den USA, vor allem Herzspezialisten, setzen sich aktiv für eine Ernährungsweise ohne Öl ein (mehr Informationen dazu beim Rapsöl). Die natürlichste und gesündeste Wirkung haben vollwertige Lebensmittel, darunter viele Ursprungszutaten von Ölen, wie Leinsamen, Nüsse, weitere Saaten oder Avocados - bei gelegentlichem Genuss auch Oliven. Achten Sie auch hier auf ein vorteilhaftes Fettsäurenverhältnis.
Welches ist das gesündeste Öl? Wenn schon Öl, dann kommt es grundsätzlich auf die verwendete Menge, den Einsatzzweck und das Fettsäureprofil an. Natürliches und schonend gepresstes Leinöl hat dementsprechend bessere Werte als viele andere Öle. Die in Leinöl enthaltenen Omega-3-Fettsäuren sind Bestandteil aller Zellmembranen und sorgen für Elastizität von Zellen und Gefässen. Im Gehirn, in den Nervenzellen und in der Netzhaut des Auges kommen sie in hohen Konzentrationen vor. Aus der pflanzlichen Alpha-Linolensäure (einer gesundheitsfördernden Omega-3-Fettsäure) kann der Körper die biologisch wirksamen Stoffe Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) herstellen - sowie aus der Linolsäure (Omega-6-Fettsäure) die Arachidonsäure (Arachidonic acid, AA). Mit diesen Ausgangssubstanzen erfolgt die Bildung von hormonähnlichen Eicosanoiden (Eikosanoiden).12
Ist Leinöl entzündungshemmend? Während Eikosanoide aus EPA/DHA eher antithrombotisch, entzündungshemmend, bronchien- und gefässerweiternd wirken, zeigen Eikosanoide aus Arachidonsäure potenziell gegenteilige Wirkungen.11,13 Die Bildung von EPA/DHA und Arachidonsäure steht in Konkurrenz zueinander, weil dafür die gleichen Enzyme zuständig sind. Deswegen sind sowohl das Verhältnis der Omega-6- zu den Omega-3-Fettsäuren als auch die tatsächlich über die Nahrung aufgenommene Menge entscheidend. Das Verhältnis von maximal 5:1 (Omega-6 zu Omega-3) gilt als gesundheitsfördernd und wünschenswert. Eine typisch westliche Ernährung liegt jedoch durchschnittlich bei etwa 8:1 bis 15:1.7,11,13
Kann Leinöl Cholesterin senken? Die aus den Fettsäuren gebildeten Botenstoffe beeinflussen die Fliesseigenschaft des Blutes sowie den Cholesterin- und Triglyceridspiegel positiv. Langkettige Omega-3-Fettsäuren wirken effektiv bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie bei Rheuma bzw. chronischer Polyarthritis, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Neurodermitis. Zur Prävention der Koronaren Herzkrankheit (KHK) empfehlen viele Ernährungsmediziner eine Reduktion der Linolsäure-Aufnahme und eine erhöhte Zufuhr an Alpha-Linolensäure (auch durch Leinöl); gleichzeitig diskutieren sie die Einnahme von Fischölen jedoch kontrovers.11,12
Die Umwandlungsrate von Alpha-Linolensäure zu EPA und DHA variiert bei Männern zwischen 0,3 und 8 % und bei Frauen zwischen 9 und 21 %. Ein hoher Konsum an Linolsäure reduziert die Umwandlungsrate deutlich. Deshalb sollte man weniger Linolsäure-reiche Lebensmittel konsumieren. Dies sind u.a. Traubenkernöl (58-78 %), Distelöl (55-81 %), Sonnenblumenöl, Erdnussöl etc. Tierische Fette, Fleisch, Eier, Käse etc. sind noch schlimmer, weil sie direkt hohe Anteile an entzündungsfördernder Arachidonsäure (AA) enthalten.
Einige Ernährungsmediziner legen uns nahe, EPA sowie DHA über die Nahrung aufzunehmen.13,14 So konnten Wissenschaftler zeigen, dass sich durch die Gabe von Leinöl die Versorgungslage mit EPA und DPA (Vorstufe von DHA) signifikant verbesserte. Obwohl der DHA-Spiegel im Blut abnahm, sanken bei einer Einnahme von täglich zwei Esslöffeln Leinöl nachweislich die Entzündungsparameter.11 Jedoch: Grundsätzlich zeigt sich bei VeganerInnen eine ausreichende Konversion von ALA zu EPA und DHA, wenn die Zufuhr der Omega-6-Fettsäuren gering ist.14 Daten aus der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) lassen darauf schliessen, dass der Körper vermutlich mehr EPA und DHA aus ALA aufbaut, wenn die Aufnahme dieser höheren Homologe über die Nahrung knapp ist. Das bedeutet, dass eine DHA-Anreicherung durch alleinige Zufuhr an pflanzlichem ALA möglich ist, sofern man aktiv den Konsum an Omega-6-Fettsäuren reduziert.7 Dazu folgert EE: Natürlich hätte man besser Leinsamen [als Studiengrundlage] genommen, doch dann wäre es keine Studie für die Ölindustrie, also finanziell nicht möglich.
Auch die Peptide des Leinöls gelten als entzündungshemmend, blutdrucksenkend und antithrombotisch. Zusätzlich untersucht die Wissenschaft das Potenzial von Leinölpeptiden als aktives Antitumormittel.29,30
Sekundäre Pflanzenstoffe
Viele gesundheitliche Wirkungen von Leinöl (Leinsamenöl) kann man auf die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe zurückführen. Unser Artikel über sekundäre Pflanzenstoffe bietet einen Überblick über die Klassifizierung der Stoffgruppen, das Vorkommen in Lebensmitteln und mögliche Wirkungen auf den Menschen.
Leinöl enthält u.a. folgende sekundäre Pflanzenstoffe:27,28,30
- Isoprenoide: Triterpene: Steroide (Beta-Sitosterol, Campesterol, Cycloartenol, Isofucosterol, Delta-5-Avenasterol und Stigmasterol); Tetraterpene: Carotinoide (Carotine: Beta-Carotin, Xantophylle: Lutein, Zeaxanthin, Neoxanthin, Beta-Cryptoxanthin)
- Polyphenole: Phenolsäuren: Hydroxybenzoesäuren (Vanillinsäure), Hydroxyzimtsäuren (Ferulasäure, p-Cumarsäure); Lignane (Secoisolariciresinol)
- Weitere organische Verbindungen: Aldehyde (Syringaldehyde, Vanillin)
Es ist jedoch zu beachten, dass die Zusammensetzung der sekundären Pflanzenstoffe in Leinöl abhängig von Sorte, Erntezeitpunkt und Anbaubedingungen variieren kann. Daher sind Mengenangaben nur begrenzt sinnvoll und höchstens grob zu verstehen.
In der Forschung erhält Leinöl zunehmend Aufmerksamkeit dank seiner entzündungshemmenden Eigenschaften, die neben dem erwähnten Vitamin E auf verschiedene Sekundärmetaboliten zurückgehen. Eine Studie zeigt, dass der tägliche Konsum von 6 g Leinsamenöl über acht Wochen bei Hämodialysepatienten (Blutreinigungsverfahren) signifikante Verbesserungen der Entzündungsmarker im Blut bewirkte. Insbesondere die Werte für Indikatoren von vaskulären Entzündungen reduzierten sich deutlich.29
Das Öl ist reich an mehreren Antioxidantien wie Phytosteroiden, Beta-Carotin und Polyphenolen.30 Bei den Sterolen dominiert Beta-Sitosterol mit einem Anteil zwischen 31,5 % und 37 %, gefolgt von Cycloartenol (25,9–31,2 %), Campesterol (15,6–18,2 %) und Isofucosterol (8,5–11,8 %). Kaltgepresstes Leinöl hat den höchsten Gehalt an Phytosteroiden (1180 mg/100g). Die Gesamtkonzentration der Phenolverbindungen liegt zwischen 5,8 mg/100g und 15,9 mg/100g, dominant sind Ferula- und Vanillinsäure.28,30
Eine Vergleichsstudie zeigt bei Leinöl die höchste antioxidative Aktivität, gefolgt von Raps- und Sonnenblumenöl, während Sesamöl die niedrigsten Werte aufweist.27 Deutliche Unterschiede ergeben sich zudem im Gehalt an Phenolen: Sesamöl (8,4-10,3 mg/100g) weist den höchsten Wert auf, gefolgt von Rapsöl (2-6,1 mg/100g), Leinöl (1,8-4,5 mg/100g) und Sonnenblumenöl (1,3 mg/100g). Rapsöl (125-319 mg/100g) und Leinöl (92,7-150 mg/100g) zeigen die höchsten Carotinoid-Werte, gefolgt von Sonnenblumenöl mit deutlich niedrigerem Gehalt (0,7-24,8 mg/100g).27
Lutein und Zeaxanthin sind die vorherrschenden Carotinoide, die zusammen mehr als 75 % des gesamten Carotinoidgehalts ausmachen.28 Insbesondere Lutein fördert die Augengesundheit. Leinöl hat eine therapeutische Wirkung bei der Behandlung von Trockenem Auge (Sicca-Syndrom): Die Einnahme von Leinölkapseln verringert die Entzündung der Augenoberfläche und lindert die Symptome der Augenentzündung (Keratokonjunktivitis sicca) bei Patienten mit dem Sjögren-Syndrom (Autoimmunkrankheit).30
Die vorbeugende Wirkung gegen Krebszellen und Diabetes führt die Forschung mehrheitlich auf die Mischung zwischen Omega-3-Ölen und Lignanen zurück. Leinöl zeigt in vitro krebshemmende Effekte, indem es das Wachstum verschiedener Krebszelllinien dosisabhängig reduziert. In Hautkrebszelllinien führte eine Behandlung mit Substanzen mit 0,3 % Leinöl (volume per volume) zu einer 50%igen Reduktion der Zellzahl, während Substanzen mit 0,9 % Leinöl das Wachstum vollständig hemmten. Lignane beugen Entzündungen vor und beeinflussen das Immunsystem positiv. Der Gehalt an Lignanen ist jedoch im Vergleich zu Leinsamen mit 0,8 µg/100g eher gering.25,29
Über die positiven Wirkungen der Lignane bei Beschwerden in den Wechseljahren informieren wir in der Zutat Leinsamen.
Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen
Allergien auf Leinöl sind selten, können jedoch auftreten.10
Kann Leinöl schädlich sein? Eine überhöhte Aufnahme an mehrfach ungesättigten Fettsäuren geht mit einem höheren Risiko für die Bildung von Lipidperoxiden einher und kann zu einer LDL-Cholesterin-Oxidation (Low-density Lipoprotein) führen. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt vor gesundheitlichen Risiken bei einer überhöhten Aufnahme von mehr als 700 mg DHA/EPA pro Tag (d). Im Übermass eingenommen können sie den Cholesterinspiegel (ab 0,7 g EPA/DHA/d) und die Blutungsneigung (ab 1,5 g EPA/DHA/d) erhöhen sowie das Immunsystem beeinträchtigen, insbesondere bei älteren Personen. Der weibliche Stoffwechsel kann, je nach Ernährungsstil, aus einem Esslöffel Leinöl (7,3 g ALA) bis zu 1 g langkettige Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA) herstellen. Die durchschnittliche Umwandlungsrate liegt hier bei 15 %, bei Männern jedoch deutlich tiefer.11,13
2012 bewertete die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) die gesundheitlichen Auswirkungen von langkettigen Omega-3-Fettsäuren neu. Die EFSA hält bis zu 500 mg EPA und DHA pro Tag als unbedenklich, eine Obergrenze legte sie nicht fest. 250 mg gelten als ausreichend für Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Aufrechterhaltung der normalen Herzfunktion.11
Bei der Oxidation der mehrfach ungesättigten Fettsäuren können zellschädigende Stoffwechselprodukte entstehen. Aus diesem Grund sollte man auf eine ausreichende Aufnahme an Antioxidantien (z.B. Vitamin E oder Vitamin C) achten.11 Wir können aber entwarnen: Bei einer naturnahen Ernährung mit viel Früchten und Gemüse führen wir dem Körper genügend Antioxidantien zu.
Enthält Leinöl Blausäure? Leinsamen enthalten cyanogene Glykoside, aus denen durch enzymatische Umwandlung Blausäure entsteht. Diese bleiben bei der Herstellung des Leinöls im Trester zurück. Deshalb ist Leinöl weitestgehend frei von cyanogenen Glykosiden und bildet bei der Verdauung keine Blausäure.3
Dürfen Schwangere und Stillende Leinöl konsumieren? Es liegen keine ausreichenden Beweise für die Sicherheit von Leinsamen und Leinsamenöl in der Schwangerschaft und Stillzeit vor. Aber es gibt Hinweise, dass Leinöl das Risiko für eine Frühgeburt erhöht, weshalb einige Studien und Ernährungsleitlinien sicherheitshalber vom Konsum abraten.17 Parallel empfehlen wir für Leinsamen die Einschränkung auf maximal 15 g pro Tag; auch dazu zirkulieren verschiedene Maximalmengen.16,17
Beim Erhitzen von Leinöl über 100 °C können vermehrt gesundheitsschädliche Stoffe wie Acrylamid, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) oder N-Nitrosoverbindungen entstehen.2
Volksmedizin - Naturheilkunde
Leinöl dient pharmazeutischen Zwecken und trägt die Bezeichnung: Oleum Lini. Als Heilmittel verwendet man Leinöl in der Naturheilkunde in Form einer Nahrungsergänzung (z.B. als Kapseln) bei Ekzemen, Menstruationsbeschwerden, Atherosklerose (Arteriosklerose) und rheumatoider Arthritis.18
Äusserlich haben sich Umschläge mit Leinsamenöl als erweichend und schmerzlindernd bewährt. Hier ist der zellregenerierende Effekt hilfreich bei schmerzhaften Hautrissen, Verbrennungen und Hautschäden.10
Ist Leinöl gut für die Haut? Kosmetische Produkte, die Leinöl enthalten, sollen angeblich die Haut regenerieren und revitalisieren. Dass die Haut die mehrfach ungesättigten Fettsäuren aufnimmt, ist nicht nachgewiesen. Allerdings gibt es eine signifikante Verringerung der Rauheit durch Leinsamenöl-Anwendungen.26
Ökologischer Fussabdruck - Tierwohl
Der ökologische Fussabdruck von Leinsamenöl hängt u.a. vom Anbau der Leinsamen, der Verarbeitung und Verpackung sowie vom Transport ab. Carbon Cloud beziffert den CO2-Fussabdruck auf 2,74 kg CO2eq/kg für europäisches Leinöl.5
Eine Studie kam auf einen durchschnittlichen Wasserfussabdruck von 9415 l/kg für raffiniertes Leinöl. Im Vergleich dazu: Olivenöl mit 14'431 l/kg, raffiniertes Sonnenblumenöl mit 6792 kg/l und raffiniertes Rapsöl mit 4301 l/kg.6
Ausführliche Erläuterungen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsindikatoren (wie z.B. ökologischer Fussabdruck, CO2-Fussabdruck, Wasser-Fussabdruck) lesen Sie in unserem Artikel: Was bedeutet der ökologische Fussabdruck?
Tierschutz - Artenschutz
Lein-Pflanzen tragen zahlreiche Blüten, welche allerdings nur geringe Pollen- und Nektarwerte aufweisen. Daher ist Lein als Bienenweide weniger interessant.22
Weltweites Vorkommen - Anbau
Flachs ist eine uralte Ölsaat und Naturfaserpflanze. Vor 10'000 Jahren kultivierte man Lein in Ägypten, Irak und Syrien. Kultivierter Flachs ist eine einjährige Kulturart, während die Wildformen auch zweijährig oder mehrjährig sein können. Der helle Flachs (Linum bienne Mill.) gilt als wilde Stammform des Kulturflachses (Linum usitatissimum).1
2021 betrug die weltweite Produktion von Leinöl laut FAO rund 699'950 Tonnen. Hauptproduzenten waren China (225'800 t), Belgien (121'600 t) und USA (69'900 t).19
Lein kultiviert man sowohl für seine Ölsaat als auch für die Fasern. Von Linum usitatissimum nutzt man drei gut voneinander unterscheidbare Unterarten: den hohen, wenig verzweigten, blütenarmen Faser-Lein, der zur Gewinnung von Flachs bzw. Leinen dient, sowie den kleineren, stärker blüten- und früchtetragenden Öl-Lein, den man zur Ölgewinnung und als Futterpflanze anbaut.18 Die dritte Art verwendet man für beide Zwecke (Fasern und Samen/Öl).1
Detailinformationen zu Taxonomie und Anbau von Lein sowie zur Ernte von Leinsamen, aus denen man Leinöl produziert, finden Sie in der betreffenden Zutatenbeschreibung.
Industrielle Herstellung
Bei der Kaltpressung gewinnt man Leinöl durch das Pressen von reifen, zerkleinerten Leinsamen. Dies geschieht mithilfe einer Schneckenpresse. Dabei drückt man die Leinsamen mit geringem Druck durch einen Presszylinder. Eine schonende Kaltpressung garantiert Temperaturen von maximal 40 °C.10
Zur Verwendung von Leinsamenöl für technische Zwecke presst man Leinsamen warm, extrahiert den Presskuchen mit Lösungsmitteln und raffiniert das Öl, um Schleimstoffe zu entfernen. Das entstandene Öl ist geruchs- und geschmacksneutral.10
Weiterführende Informationen
Leinöl ist ein pflanzliches Speiseöl aus Leinsamen. Neben dem eigentlichen Öl-Lein (Linum usitatissimum = "meistverwendet") greift man für die Ölproduktion auch auf andere Lein-Arten aus der Gattung Linum zurück.
Leinöl sollte man nicht mit Leindotteröl verwechseln. Dieses gewinnt man aus den Samen des Leindotters (syn. Saatdotter oder Dotterlein, Camelina sativa L.); es ist mit 33-39 % ebenfalls reich an Alpha-Linolensäure.9
Alternative Namen
Alternativnamen von Leinöl sind Leinsamenöl sowie Flachsöl.
Gebräuchliche Namen in der englischen Sprache sind flaxseed oil (oder flax seed oil), linseed oil, crude linseed oil.
Sonstige Anwendungen
Leinöl verwendet man in der Küche sowie in der Kosmetikherstellung. Technische Verwendungen sind Biokraftstoff, Bindemittel für Holz- und Fensterkitt, Herstellung von Linoleum, dekorative Beschichtungen (Schwarzbrennen, Schmiedeeisen, Firnisbrand, Patinieren, Brünieren), Korrosionsschutz, Labsal (Seefahrt), Holzschutz, Bindemittel für Ölfarben, Anstrichmittel (Holzgrundierung, Leinölfarbe, Leinölfirnis), Geigenbau, Malerei, Halböl, Standöl, Imprägnierung, Grundierung, Lasur.
Die Pressrückstände nutzt man als Futtermittel und Leinfasern verwendet man zur Herstellung von Textilien (Leinengewebe).
Literaturverzeichnis - 30 Quellen
1. | Xie D, Dai Z et al. Genomic variations and association study of agronomic traits in flax. BMC Genomics. 2018;19:512. |
2. | Unabhängige Gesundheitsberatung. Fette und Öle: Unbeschwerter Genuss in der Vollwertküche. |
3. | Cunnane SC, Ganguli S et al. High α-linolenic acid flaxseed (Linum usitatissimum):some nutritional properties in humans. British Journal of Nutrition. 1993;69(2):443-453. |
4. | Bundeszentrum für Ernährung. Speisefette und Speiseöle. |
5. | Carbon Cloud. Linseed oil, Europe. |
6. | Mekonnen MM, Hoekstra AY. The green, blue and grey water footprint of crops and derived crop products. Hydrol Earth Syst Sci. 2011;15(5):1577–1600. |
7. | Unabhängige Gesundheitsberatung. Omega-3-Fettsäuen: Leinöl statt Fischöl? |
8. | USDA (United States Department of Agriculture): Nährstofftabellen. |
9. | Krist S. Leindotteröl. In: Krist S. Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. Wien: Springer; 2013. |
10. | Krist S. Leinsamenöl. In: Krist S. Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. Wien: Springer; 2013. |
11. | Becker U, Mehr Omega-3-Fettsäuren ins Essen. UGB Forum 4/15: 189-192. |
12. | Biesalski HK, Grimm P, Nowitzki-Grimm S. Taschenatlas Ernährung. 6. Auflage. Stuttgart; 2015. Georg Thieme Verlag. |
13. | Leitzmann C, Müller C et al. Ernährung in Prävention und Therapie. 3. Auflage. Stuttgart; 2009. Hippokrates Verlag. |
14. | Heinrich K. Ernährungsmedizin und Diätetik. 12. Auflage. München; 2014. Elsevier GmbH Urban & Fischer. |
15. | Schaufler D. Oilseed Fact Sheet: Oilseed Presses.Dept. of Agricultural and Biological Engineering, Penn State College of Agricultural Sciences. |
16. | Apotheken-Umschau. Heilpflanzen-Lexikon. Leinsamen. |
17. | Alberta Health Services, Nutrition Services. Nutrition Guideline Pregnangy. 2024. |
18. | Bown, D. Kräuter. Die grosse Enzyklopädie. Anbau und Verwendung. 2. Auflage. München; 2015. Dorling Kindersly. |
19. | FAOSTAT Food and Agriculture Organization of the United Nations. Oil of Linseed (Production Quantity, 2021). |
20. | Amtsblatt der Europäischen Union. Delegierte Verordnung (EU) 2022/2104 der Kommission vom 29. Juli 2022 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013. |
21. | EDI Eidgenössisches Departement des Innern. Verordnung des EDI über Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, Pilze und Speisesalz (VLpH). Änderung vom 8. Dezember 2023. Inkrafttreten: 1. Februar 2024. |
22. | Hortipendium. Bienenweiden. |
23. | Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Leitsätze für Speisefette und Speiseöle. Neufassung vom 02.07.2020 (BAnz AT 18.08.2020 B3, GMBl 2020 S. 530). |
24. | Eidgenössische Departement des Innern (EDI): Verordnung des EDI über Speiseöl, Speisefett und daraus hergestellte Erzeugnisse vom 23. November 2005 (Stand am 1. April 2008), Art. 3a und 3b. |
25. | Tripathi V, Abidia AB, Markerb S, Bilalc S. Linseed and linseed oil: health benefits - a review. International Journal of Pharmacy and Biological Sciences. 2013;3(3):434-442. |
26. | Neukam K, De Spirt S et al. Supplementation of flaxseed oil diminishes skin sensitivity and improves skin barrier function and condition. Skin Pharmacol Physiol. 2011;24(2):67–74. |
27. | Sumara A, Stachniuk A et al. Identification of sunflower, rapeseed, flaxseed and sesame seed oil metabolomic markers as a potential tool for oil authentication and detecting adulterations. PLOS ONE. 2023;18(4):e0284599. |
28. | Dąbrowski G, Tańska M, Czaplicki S, Sadowski T, Rychcik B, Kostrzewska MK, u. a. Variation in linseed oil composition: impact of cultivar, cultivation system, and year of cultivation. Molecules. Februar 2025;30(4):875. |
29. | Nowak W, Jeziorek M. The role of flaxseed in improving human health. Healthcare. 2023;11(3):395.
|
30. | Al-Madhagy S, Ashmawy NS, Mamdouh A, Eldahshan OA, Farag MA. A comprehensive review of the health benefits of flaxseed oil in relation to its chemical composition and comparison with other omega-3-rich oils. Eur J Med Res. 2023;28(1):240. |
Kommentare