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Spirulina (nie roh!, bio?)

Die Cyanobakterien Spirulina (Pulver etc.) kann man praktisch nie roh kaufen. Wegen ihres blauen Farbstoffs zählte man sie früher zu den Blaualgen. Bio?

Dieses Lebensmittel gilt vielen als roh, z.B. weil es so aussieht. Es ist aber in den allermeisten Fällen nicht roh! Meist weil der Gewinnungsprozess Erhitzung benötigt, den man nur mit viel höherem Aufwand anders erreichen kann - oder weil man das Nahrungsmittel pasteurisiert. Zumindest einer dieser Gründe trifft hier zu.

Ist das Produkt als roh deklariert, kann es auf dem Weg zu Ihnen mit billigerem Verfahren gewonnenem vermischt worden sein. Je nach Produkt kann man von Auge oder Geschmack her nicht unterscheiden.

Übrigens: Rohköstler sollten beachten, dass es auch Lebensmittel gibt, die wohl roh sind, doch roh giftig wirken - oder roh nur eingeschränkt geniessbar sind. Diese zeichnen wir anders aus.

5%
Wasser
 27
Makronährstoff Kohlenhydrate 26.83%
/65
Makronährstoff Proteine 64.51%
/09
Makronährstoff Fette 8.67%
 

Die drei Verhältniszahlen zeigen den prozentualen Gewichtsanteil der Makronährstoffe (Kohlenhydrate / Proteine / Fette) der Trockensubstanz (exkl. Wasser).  In der Sprache Englisch sind Ballaststoffe als Bestandteil des Kohlenhydrat-Anteils gerechnet. Die Umrechnung von Gewicht in kcal erfolgt nach dem von der USDA verwendeten "Atwater system". 

Davor ersehen Sie den Wasseranteil, gerundet auf ganze %.

Ω-6 (LA, 1.3g)
Omega-6-Fettsäuren wie Linolsäure (LA)
 : Ω-3 (ALA, 0.8g)
Omega-3-Fettsäuren wie Alpha-Linolensäure (ALA)
 = 2:1

Verhältnis Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren soll insgesamt 5:1 nicht überschreiten. Link zu Erklärungstext.

Hier essenzielle Linolsäure (LA) 1.25 g zu essenzieller Alpha-Linolensäure (ALA) 0.82 g = 1.52:1.
Verhältnis Total Omega-6- = 1.25 g zu Omega-3-Fettsäuren Total = 0.82 g = 1.52:1.
Im Durchschnitt benötigen wir pro Tag je ca. 2 g LA und ALA, aus denen ein gesunder Körper auch EPA und DHA etc. herstellt.

Spirulina (Arthrospira) ist im Gegensatz zur Mikroalge Chlorella (Grünalge) keine echte Alge, sondern ein photosynthese-betreibendes Cyanobakterium ohne echten Zellkern. Cyanobakterien bezeichnet man umgangssprachlich häufig als Blaualgen bzw. aufgrund ihrer Grösse und Lebensweise als Mikroalgen. Im Handel stammt Spirulina aus konventionellen sowie Bio-Aquakulturen; ist durch Erhitzung getrocknet und daher kaum roh erhältlich.

Verwendung in der Küche

In kleinen Mengen passt Spirulina zu vielen Rezepten. Obwohl Spirulina reich an Nährstoffen und Proteinen ist, spielt das stark verarbeitete und in kleinen Dosen verwendete Nahrungsergänzungsmittel eine untergeordnete Rolle bei der Abdeckung des Tagesbedarfs. Wer sich trotzdem um die Erhaltung der Inhaltsstoffe sorgt, sollte Spirulina nicht stark erhitzen.

Spirulina-Pulver eignet sich hervorragend als natürlicher Farbstoff, dank seiner auffälligen, intensiv grünen Farbe. Spirulina oder Chlorella sind in Rezepten miteinander austauschbar.

Spirulina-Pulver schmeckt relativ geschmacksneutral bis leicht fischig. Sie können Spirulina als Zutat für Getränke wie Smoothies, Shakes oder Tees sowie Overnight-Oats, Müslis, Cracker, Chia-Pudding, Suppen, Guacamole, Desserts, Cremes oder Saucen verwenden. Auch zum Einfärben von Teig ist Spirulina gut geeignet. Brot, Kuchen, Muffins, Gnocchi, Pfannkuchen oder Spätzle bekommen eine blaugrüne Farbe. In der Lebensmittelindustrie verwendet man den isolierten blauen Farbstoff der Spirulina zum Färben von Süssigkeiten. Spirulina-Granulat, Stäbchen oder Spirulina-Flocken (alternativ: zerstossene Tabletten) kann man als Topping auf Salaten, belegten Broten, Torten, Rohkost u.ä. essen.

Veganes Rezept für Gurkenspaghetti mit Spirulina

Zutaten (für zwei Personen): 1 Salatgurke, roh, 1 gehäufter TL Spirulina-Pulver, 3 EL frisch geschrotete Leinsamen (z.B. in der elektrischen Kaffeemühle), 1 TL Rapsöl (kaltgepresst), 4 g Dulse-Flocken (getrocknet).

Zubereitung: Mit einem Spiralschneider schneidet man die Salatgurke zu spaghettiähnlichen, rohen Nudeln und vermischt sie mit dem Spirulina-Pulver, den geschroteten Leinsamen sowie dem Rapsöl. Zuletzt streut man die von Natur aus leicht salzigen Dulse-Flocken über die rohen und veganen Gemüse-Spaghetti.

Anmerkung: Da Spirulina herstellungsbedingt erhitzt ist, ist das Gurkengericht streng genommen keine Rohkost mehr.5

Vegane Rezepte mit Spirulina finden Sie unter dem Hinweis: "Rezepte, die am meisten von dieser Zutat haben".

Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen:
Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler
.

Einkauf - Lagerung

Spirulina kann man als Tabletten, Presslinge, Pulver, Stäbchen (Pailletten) oder Flocken kaufen. Spirulina erhält man in konventioneller und in Bio-Qualität als Nahrungsergänzungsmittel bei Supermarktketten wie Coop, Migros, Rewe, Aldi, Lidl, Billa oder Hofer sowie in Bio-Supermärkten (Alnatura oder Denn's Biomarkt), Bio-Läden, Reformhäuser und in Online-Shops. In Supermärkten wie Edeka, Denner, Volg oder Spar haben wir bislang keine Spirulina gefunden. Gelegentlich findet man sie dort in verarbeiteter Form, z.B. in Smoothies, Nudeln, Fruchtriegeln, Cracker, Getränkepulver o.ä.

Da die Produktion meist in künstlichen Aquasystemen stattfindet, hat die Spirulina ganzjährig Saison. Obwohl geschlossene Systeme eine bessere Produktqualität liefern, sind offene Systeme nach wie vor die am weitesten verbreitete Methode, da sie kostengünstiger sind.7

Herstellungsbedingt durchläuft Spirulina häufig Wärmeprozesse von mehr als 42 °C und ist damit keine Rohkost mehr. Um bioaktive Stoffe zu erhalten, versuchen Industrie und Forschung, schonende Herstellungsprozesse zu entwickeln.25 Derzeit scheinen solche Produkte aber noch sehr teuer zu sein: Online können Sie beispielsweise gefrorene Spirulina aus Frankreich für 64 €/420g erwerben. Spirulina ist im Anbau nicht so unproblematisch, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Es gibt gute Gründe, warum diese Cyanobakterien teuer sind (siehe Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen).

Die Verfügbarkeit von Spirulina ist je nach Grösse des Ladens, Einzugsgebiet etc. unterschiedlich. Unsere erfassten Lebensmittelpreise für die D-A-CH-Länder finden Sie oben unter dem Zutatenbild - und mit Klick deren Entwicklung bei verschiedenen Anbietern.

Tipps zur Lagerung

Spirulina sollte man vor Luftsauerstoff, Feuchtigkeit und Lichteinwirkung geschützt aufbewahren. Geeignet sind gut verschliessbare Gefässe wie Dosen oder Gläser.

Inhaltsstoffe - Nährwerte - Kalorien

Realitätsnah zeigen wir Ihnen hier die Inhaltsstoffe pro 1 g (statt pro 100 g wie üblich).

Spirulina-Pulver und Spirulina-Präparate weisen Nährwerte von 2,9 kcal/1g auf. Die Hauptnährstoffe pro 1 g setzen sich aus 0,08 g Fetten, 0,24 g Kohlenhydraten und 0,57 g Proteinen zusammen.6

Tryptophan, Threonin und Iod sind die quantitativ wichtigsten essenziellen Nährstoffe, die Spirulina bietet. Jedoch tragen sie und die Makronährstoffe wegen der kleinen Verzehrmenge nicht wesentlich zur Deckung des jeweiligen Tagesbedarfs bei.6

Weitaus interessanter für den Gesundheitswert sind die sekundären Metaboliten in dieser Zutat, die schon in Spuren wirken können. In diesem Kontext spricht man allgemein gerne von Superfood. Wir möchten bewusst auf dieses oft irreführende Modewort verzichten.

Die gesamten Inhaltsstoffe von Spirulina, die Abdeckung des Tagesbedarfs und Vergleichswerte mit anderen Zutaten finden Sie in unseren Nährstofftabellen. Im Artikel Nährstoffe umfassend erklärt bekommen Sie einen detaillierten Einblick in das Thema.

Wirkungen auf die Gesundheit

Bei Spirulina lohnt es sich in Bezug auf seine gesundheitlichen Eigenschaften etwas näher hinzuschauen. Spirulina besitzt eine reiche Mikro- und Makronährstoffzusammensetzung darunter Proteine, Lipide, Kohlenhydrate, essenzielle Aminosäuren, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe. Darüber hinaus bestimmen verschiedene biologisch aktive Bestandteile die vielfältigen gesundheitlichen Wirkungen von Spirulina.24,25

Spirulina enthält neben den essenziellen Proteinen das Farbpigment Phycocyanin aus der Gruppe der lichtabsorbierenden Phycobiliproteine. Phycocyanin erscheint in verschiedenen Blautönen und wirkt in Studien prebiotisch auf das Mikrobiom der menschlichen Darmflora.12,25 Zusätzlich fördern die in Spirulina enthaltenen Kohlehydrate wie die Oligosaccharide die Diversität des Mikrobioms und Aufrechterhaltung der Darmhomöostase, indem sie nützliche Mikroben im Darm unterstützen. Sie helfen bei der Abwehr gegen Krankheitserreger und schützen die Funktion des Magen-Darm-Trakts sowie die Immunregulation.25

Phycocyanin zeigt gemeinsam mit den Heteropolysaccariden in In-vitro-Studien krebshemmende und antitumorale Eigenschaften.22,25 Humanstudien zeigen weiters antiadipöse Wirkungen und unterstützen beim Abnehmen. In Studien senkt Spirulina den Blutdruck und die Blutfettwerte und verbessert die Stoffwechselfunktion. Die entzündungshemmende und antioxidative Wirkung trägt zur Verbesserung der Insulinempfindlichkeit bei.11,14 ForscherInnen fanden Hinweise auf eine mögliche medizinische Anwendung bei Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.13,22

Studien berichten von neuroprotektiven Wirkungen durch Phycocyanin, indem es das Gehirn vor stressbedingten und toxischen Schäden schützt.25 Phycocyanin und selenangereicherte Spirulina-Extrakte fördern die neuronale Überlebensrate und verhindern den Zelltod in stressbedingten Modellen. Dies deutet auf potenzielle therapeutische Anwendungsmöglichkeiten bei der Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Multipler Sklerose sowie bei einem kognitivem Abbau.22

Die Industrie preist Spirulina zu Marketingzwecken als Superfood mit vielversprechenden gesundheitlichen Auswirkungen an, manches davon ohne wissenschaftliche Belege. Wir empfehlen Spirulina als Teil einer ausgewogenen Ernährung anzusehen und weniger als Wundermittel.

Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten über mögliche Wirkungen von Spirulina erfolgen an Labortieren oder im Reagenzglas. Da sich die Wirkstoffe dabei anders verhalten als im menschlichen Körper, erlauben solche Studien keine direkten eindeutigen Aussagen über eine Wirkung beim Menschen. Teilweise ist es auch nicht möglich, gewisse Faktoren wie Sport oder Ernährungsgewohnheiten der Studien-Probanden im Detail mitzuberücksichtigen. Es sind noch grössere, qualitativ hochwertige, randomisierte klinische Studien erforderlich, um die langfristigen Auswirkungen und Risiken von Spirulina klarer zu verstehen. Und vor allem auch, um Dosierungen und Qualitätsstandards festzulegen.

Auch die Debatte über Vitamin B12 heizt das kleine Cyanobakterium Spirulina an. Spirulina enthält B12. Jedoch hauptsächlich das Pseudovitamin B12, das für uns Menschen keine Aktivität hat. Daher ist leider auch die Spirulina keine ausreichende Vitamin-B12-Quelle für uns Menschen. Obwohl Hersteller von Spirulina-Präparaten häufig einen hohen Vitamin-B12-Gehalt angeben, widersprechen WissenschaftlerInnen dieser Behauptung.8,15,17

Trockenpräparate aus Spirulina als Superfood zu bezeichnen, halten wir für irreführend. Man muss von der Forschung an Inhaltsstoffen und der tatsächlichen Umsetzung in der Ernährung unterscheiden. Spirulina ist sehr teuer und die Gefahr von Kontaminationen führt dazu, dass wir nur kleine Mengen davon essen.

Sekundäre Pflanzenstoffe

Viele gesundheitliche Wirkungen von Spirulina kann man auf die enthaltenen sekundären Metaboliten zurückführen. Unser Artikel über sekundäre Pflanzenstoffe bietet einen Überblick über die Klassifizierung der Stoffgruppen, das Vorkommen in Lebensmitteln und mögliche Wirkungen auf den Menschen.

Spirulina enthält u.a. folgende sekundäre Metaboliten:24,25

  • Isoprenoide: Tetraterpene: Carotinoide (Carotine: β-Carotin, Xanthophylle: Canthaxanthin, Astaxanthin, Lutein, Zeaxanthin)
  • Polyphenole: Phenolsäure: Hydroxybenzoesäuren (Gallussäure, Hydroxybenzoesäure, Chlorogensäure, Syringasäure, Salicylsäure), Hydroxyzimtsäuren (Kaffeesäure, o-Cumarsäure, Ferulasäure, Zimtsäure); Flavonoide: Flavonole (Quercetin), Isoflavone (Genistein), Flavone (Galangin), Flavanone (Pinostrobin)
  • Weitere schwefelhaltige Verbindungen: Sulfide
  • Weitere stickstoffhaltige Verbindungen: Amine
  • Weitere organische Verbindungen: Alkane, Aldehyde (Vanillin, Acetaldehyd, Propanal), Alkohole (Sclareol, Glycerol), Ketone, Ester, Furane, Pyrazine, Phenylpropanoide (Eugenol), Carbonsäuren (Essigsäure)
  • Protease-Inhibitoren: Chlorophyll a

Es ist jedoch zu beachten, dass die Zusammensetzung der sekundären Metaboliten in Spirulina abhängig von Erntezeitpunkt, Anbaubedingungen und Verarbeitung24 variieren kann. Daher sind Mengenangaben nur begrenzt sinnvoll und höchstens grob zu verstehen.

Mehrere In-vitro- und In-vivo-Studien belegen die antioxidative Kraft von Spirulina mit antikanzerogenen und neuroprotektiven Wirkungen aufgrund der primären und sekundären Metaboliten, darunter die ungesättigten Fettsäuren und Phycocyanin sowie die Carotinoide und phenolischen Verbindungen.24

Insgesamt identifizierten Forschende in Spirulina 41 verschiedene Aromakomponenten mit einer möglichen antibakteriellen Wirkung. Alkane, Aldehyde, Alkohole, Ketone und Furane verleihen Spirulina eine intensive heuartige Note. Die stickstoff- und schwefelhaltigen Komponenten bestimmen eine fischartige, marine Geruchskomponente sowie die Pyrazine das nussige Aroma. Zu den genauen Wirkweisen der einzelnen Komponenten in Spirulina besteht noch Forschungsbedarf.24

Eine Studie untersuchte u.a. die Anti-Adipositaseffekte des Extrakts von Spirulina maxima, die reich an Chlorophyll a ist. Forschende stellten in vitro eine Unterdrückung von Fettanreicherungen und Verringerung von fettreichen Zellen fest. Zudem führte die Ergänzung mit Spirulina-Extrakt bei Mäusen mit einer fettreichen Diät u.a. zu einer Abnahme der Gewichtszunahme, der Fettmasse, der Triglycerid- und Gesamtcholesterinwerte im Serum.28

Obwohl Studien Einblicke in die Bioverfügbarkeit von Chlorophyll geben, besteht weiterhin Bedarf an einer umfassenden Beschreibung der im Magen-Darm-Trakt gebildeteten Chlorophyll-Derivate und deren möglichen gesundheitlichen Wirkungen. Derzeit mangelt es an veröffentlichten In-vivo-Studien zu Gesundheitswirkungen von Chlorophyll in Spirulina. Grundsätzlich ist Chlorophyll in unterschiedlichen Mengen in allen grünen Pflanzenteilen vorhanden, darunter in Brennnesseln, Petersilie, Spinat, Brokkoli oder grüne Bohnen.28

Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen

Belastungen von Spirulina-Produkten mit Schwermetallen (z.B. Cadmium), PAKs (polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen) und Toxinen sind möglich. Bevorzugen Sie deswegen auf Rückstände kontrollierte und biozertifizierte Ware aus geschlossenen Systemen (Aquakulturen). Bio-Produkte mit dem Naturland-Label, z.B. Spirulina-Pulver, zeichnen sich durch eine hohe und kontrollierte biologische Qualität aus.1,16

Zwar ist Spirulina ein Cyanobakterium, das selbst nicht den gefährlichen Giftstoff Anatoxin-alpha produziert; das nah verwandte Bakterium Spirulina maxima jedoch schon. Kontaminationen mit anderen gefährlichen Bakterien können dazu führen, dass auch der Giftstoff Microcystin im Endprodukt enthalten ist. Insbesondere bei Spirulina aus offenen Anbausystemen kann dies vorkommen. Ausserdem ist Spirulina dafür bekannt, Blei aus der Umgebung aufzunehmen. Was zur Wasserreinigung gewünscht ist, ist in Lebensmitteln aber sehr problematisch. Die EU hat daher Grenzwerte für Spirulina festgelegt.8,22,23

Für Personen, die an Phenylketonurie leiden, ist Spirulina nicht geeignet. Das enthaltene Phenylalanin kann das Krankheitsbild verschlimmern.1

Mögliche Nebenwirkungen durch die Einnahme von Spirulina können allergische Reaktionen und die Bindung von Eisen sein. Bei häufigerem Verzehr kann es zu einer Eisenunterversorgung kommen.1

Hersteller bewerben Spirulina-Erzeugnisse verwirrenderweise als "unvergleichliche Energiequelle" (Proteingehalt) mit "beachtlichem Vitamin- und Mineralstoffgehalt", "viel Vitamin B12 – wichtig für Vegetarier" oder "dreimal mehr Chlorophyll als Weizengras, gibt gespeicherte Sonnenenergie an den Menschen weiter" sowie als "das wertvollste Nahrungsmittel auf diesem Planeten".1 Mit der empfohlenen Tagesdosis (1-10 g/Tag) nimmt man jedoch so geringe Mengen an Nährstoffen auf, dass sich die ergänzende Zufuhr, z.B. an Aminosäuren/Eiweiss, kaum bemerkbar macht.5,18 Nach der Health-Claims-Verordnung darf keine Bewerbung mehr von Spirulina-Kapseln zur Senkung des Blutzuckerspiegels erfolgen. Auch die Auslobung des Vitamins B12 (Pseudo-Vitamin-B12) gilt als irreführend, wenn sie krankheitslindernde Effekte verspricht.2,3,4 Mittlerweile ist die Bewerbung "Spirulina - reich an Vitamin B12" in Deutschland durch das Kammergericht Berlin mit dem Urteil vom 28.01.2011 (5 U 133/09) untersagt.9

Verwechslungsgefahr

Einige Cyanobakterien-Arten produzieren Toxine, die gesundheitsschädlich sind. Es ist daher wichtig, Spirulina von vertrauenswürdigen Quellen zu beziehen und sich über die genauen Arten und deren Eigenschaften zu informieren. Die Arten sind von Laien kaum zu unterscheiden.23

Volksmedizin - Naturheilkunde

In der alternativmedizinischen Heilkunde spielt Spirulina eine untergeordnete Rolle. Selbstanwender sehen in Spirulina-Präparaten ein (mehr als zweifelhaftes) Allheilmittel, das zum Entgiften von Schwermetallen (Detox) geeignet sein soll. Im Internet findet man eine Vielzahl von angeblichen Anwendungsgebieten, z.B. Fibromyalgie, erhöhte Blutfettwerte, Krebsvorbeugung, HIV- und Herpes-Infektionen, geschwächte Immunabwehr, Allergien, Leberschäden, Übergewicht etc. Von solchen Versprechungen distanzieren wir uns aufgrund der mangelnden wissenschaftlichen Datenlage.

Ökologischer Fussabdruck - Tierwohl

Eine Lebenszyklusanalyse (LCA) aus dem Jahr 2022 zeigt, dass die Produktion von 1 kg feuchter, essbarer Biomasse von GeoSpirulina (Spirulina, angebaut in einem isländischen Geothermal-Park) 0,0378 m² nicht ackerfähiges Land braucht. Dieses Spirulina kommt auf einen Wasser-Fussabdruck von 8360 l Frischwasser pro kg.27

Hülsenfrüchte brauchen beispielsweise, 4055 l/kg. Fleisch kommt auf 4325 l pro kg Hühnchen bis 15'415 l pro kg Rind.26

Die Produktion von Spirulina in diesem Geothermalpark ist CO2-neutral und verursacht -0,008 kg CO2eq/kg. Im Vergleich zu konventionell produziertem Rindfleisch benötigt GeoSpirulina weniger als 1 % an Land und Wasser und hat weniger als 1 % der Treibhausgasemissionen. Die Biomasse enthält alle essenziellen Aminosäuren sowie Vitamine und Mineralstoffe, was eine ganzjährige Nahrungsversorgung sichert. Der Austausch von 1 kg Rindfleisch gegen 1 kg GeoSpirulina kann etwa 100 kg CO2eq an Treibhausgasen einsparen.27

Carboncloud gibt für ein schwedisches Spirulina-Pulver einen CO2-Fussabdruck von 1,74 kg CO2eq/kg an.21 Das sind in etwa so viele Treibhausgase, wie bei der Produktion von Erbsen oder Bohnen in der Dose sowie bei der Herstellung von Joghurt entstehen.20

Spirulina kann man in Bio-Aquakulturen (ökologischen Aquakulturen) züchten. Da die EU-Öko-Verordnung keine ausführlichen Produktionsvorschriften für Cyanobakterien und Mikroalgen führt, entwickelte der Bio-Verband Naturland weitergehende Richtlinien für die kontrollierte biologische Aquakultur von Mikroalgen. Diese gelten auch für Bio-Spirulina mit dem anerkannten Naturland-Bio-Label.

Ausführliche Erläuterungen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsindikatoren (wie z.B. ökologischer Fussabdruck, CO2-Fussabdruck, Wasser-Fussabdruck) lesen Sie in unserem Artikel: Was bedeutet der ökologische Fussabdruck?

Weltweites Vorkommen - Anbau

Spirulina verwendet man derzeit hauptsächlich als Farbstoff oder in Marketingstrategien. Bereits die Azteken und andere mesoamerikanische Völker konsumierten Spirulina, das sie aus dem Texcoco-See ernteten und auf Märkten in Tenochtitlán, der heutigen mexikanischen Hauptstadt 'Mexiko-Stadt', verkauften. Erst 1967 erkannte die internationale Vereinigung für angewandte Mikrobiologie Spirulina als zukünftige Nahrungsquelle an. Seit den 1980er Jahren ist die Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen über Spirulina stark gestiegen, ebenso wie die Entwicklung von Prozessen und Produkten auf Basis dieser Ressource.7

In der Natur kommen die Spirulina-Cyanobakterien (Arthrospira ssp.) in stark alkalischen Salzseen (pH-Wert zwischen neun und elf), in Brackwasser und Süsswasser sowie auch in Böden vor.7 Die früher als Blaualge bezeichnete Spirulina kommt in Afrika, Asien und Südamerika vor.8

Anbau - Ernte

Der grossflächige Anbau von Spirulina begann vor ca. 30 Jahren in Mexiko und China und später in anderen Teilen der Welt. Die meisten Spirulina-Arten kultiviert man in offenen Wasserbecken mit Schaufelrädern, die das Wasser umrühren. Die grössten kommerziellen Spirulina-Produzenten befinden sich in den USA, Thailand, Indien, Taiwan, China, Bangladesch, Pakistan, Myanmar, Griechenland und Chile.8

Die Biomasse für Spirulina-Nahrungsergänzungsmittel stammt aus künstlichen Systemen (Aquakulturen), z.B. aus Gewächshäusern mit Glasröhrensystemen. Wildfänge verwendet man aufgrund der meist sehr hohen Schwermetallbelastung i.d.R. nicht. Bei 35 bis 37 °C wachsen die Cyanobakterien unter Zufuhr von Sauerstoff (oxygene Photosynthese) und Kohlenstoffdioxid, das man dem Wasser in Druckluftflaschen zuführt. Die ausgewachsenen Cyanobakterien-Kulturen kann man kontinuierlich ernten.

Jährlich finden Nahrungsergänzungsmittel (NEM) aus etwa 3000 Tonnen Cyanobakterien-Rohmasse ihren Weg zum Endverbraucher. Zur Förderung des Anbaus von Spirulina gründeten die Vereinten Nationen (UNO) die Organisation IIMSAM (The Intergovernmental Institution for the use of micro algae Spirulina against malnutrition).

Industrielle Herstellung

Spirulina baut man meist in offenen oder geschlossenen seichten Süsswasserbecken an. Wobei es Versuche gibt, Frischwasser einzusparen, indem man in Salzwasser anbaut.7 Ähnlich wie Pflanzen braucht es Licht, Wasser und Makro- sowie Mikronährstoffe, damit das Cyanobakterium Photosynthese betreiben kann und sich in seiner Masse vermehrt. Sobald eine bestimmte Dichte an Spirulina erreicht ist, presst man das Wasser ab und bringt die Spirulina in eine Form mit höherer Oberfläche (z.B. feine Nudeln). Anschliessend erfolgt eine Trocknung und eine Formgebung, z.B. eine Pressung zu Tabletten.

Weiterführende Informationen

Die hier behandelte Spirulina (eigentlich mit korrekter Gattungsbezeichnung Arthrospira) ist eine Gattung der Cyanobakterien. Früher rechnete man Spirulina spp. zu den Phycophyta (Algen) und führte sie als Klasse der Cyanophyceae (Blaualgen). Neuere Forschungen zeigen nicht nur, dass es sich um Cyanobakterien handelt, sondern auch, dass Spirulina und Arthrospira als separate Gattungen zu unterscheiden sind. Der Name Spirulina für die handelsüblichen, getrockneten Nahrungsergänzungsmittel bezieht sich hauptsächlich auf die Bakterienart Arthrospira platensis. Trotzdem hat sich der Name Spirulina als Produktbezeichnung gehalten. In der Literatur sind die beiden Gattungen oft nicht deutlich auseinandergehalten und ihre Bezeichnungen können als Synonyme erscheinen, was zu Verwirrung führt.10

Einige Cyanobakterien, unter anderem auch Spirulina, enthalten blaues Phycocyanin. Ihre Farbe ist deshalb Blaugrün.

Der von Meeresorganismen bewohnbare Raum ist weitaus grösser als der für terrestrische Pflanzen verfügbare. Mikroalgen, die fast 75 % der Algenarten ausmachen, tragen etwa 40 % des Sauerstoffs in der Atmosphäre bei. Trotz der scheinbaren Einfachheit ihrer Zellen konnten ForscherInnen mindestens 40'000 Arten von Mikroalgen-Phytoplankton identifizieren.8 Obwohl Spirulina nicht zu den Algen zählt, zählt man sie häufig zu den Mikroalgen.

Alternative Namen

Alternativnamen für den kommerziellen Namen Spirulina sind Arthrospira oder Cyanobakterien (Cyanobakterien, Cyanobacterium, Cyanobacteria). Auf Deutsch bezeichnet man Spirulina umgangssprachlich als Mikroalge oder Blaualge und auf Englisch als spirulina oder Arthrospira.

Sonstige Anwendungen

Eine Studie in Kenia zeigt, dass Spirulina-Protein Fischmehl im Futter von Nil-Tilapien erfolgreich ersetzen kann. Die Fische, gefüttert mit 30 % Spirulina, enthielten mehr Protein. Daher könnte Spirulina eine umweltfreundlichere Alternative zu Fischmehl und Soja darstellen.19

Spirulina kann Bestandteil von Katzenfutter sein. Verwendung findet die Spirulina auch in der Biotechnologie und in der Biotechnik, u.a. als Biokatalysator in Fermentationsprozessen und zur Energiegewinnung.

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