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Beinwell - Gesundheit

Beinwell (Wallwurz) enthält sekundäre Pflanzenstoffe, welche bei äusserlicher Anwendung Ihre Gesundheit unterstützen.

Inhaltsstoffe - Nährwerte - Kalorien

Wurzeln, Blätter und Kraut vom Echten Beinwell enthalten reichlich Schleimstoffe (Fructane), bis 1,5 % Allantoin, 4-6 % Gerbstoffe, Rosmarinsäure, Cholin, Flavonoide, Stärke, Triterpene, von Mikroorganismen gebildetes Vitamin B12 auf den Oberflächen der Pflanzenteile, weitere B-Vitamine, Phytosterine und Kieselsäure. Abhängig von Anbaugebiet und Sorte enthält Beinwell bis zu 0,6 % Pyrrolizidine (Pyrrolizidin-Alkaloide).5,7,8

Im März liegt der Gehalt an Allantoin in der Beinwell-Wurzel bei 0,6-0,8 % und sinkt im Verlauf des Jahres ständig ab.2

Die gesamten Inhaltsstoffe von Beinwell, die Abdeckung des Tagesbedarfs und Vergleichswerte mit anderen Zutaten finden Sie in unseren Nährstofftabellen. Im Artikel Nährstoffe umfassend erklärt bekommen Sie einen detaillierten Einblick in das Thema.

Wirkungen auf die Gesundheit

Der gesamte Beinwell ist reich an verschiedenen Phytochemikalien und enthält neben den Polysacchariden und Fettsäuren etwa 31 % Phenolsäuren, 23 % Pyrrolizidin-Alkaloide und 18 % Flavonoide. In den letzten Jahren untersuchten zahlreiche In-vitro- und In-vivo-Studien das gesundheitliche Potenzial von Beinwell-Extrakten. Diese zeigen gesundheitsfördernde Eigenschaften, wie entzündungshemmende, wundheilende und schmerzlindernde Wirkungen.10

Sekundäre Pflanzenstoffe

Viele gesundheitliche Wirkungen zur äusserlichen Anwendung von Beinwell kann man auf die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe zurückführen. Unser Artikel über sekundäre Pflanzenstoffe bietet einen Überblick über die Klassifizierung der Stoffgruppen, das Vorkommen in Lebensmitteln und mögliche Wirkungen auf den Menschen. Beinwell enthält u.a. folgende sekundäre Pflanzenstoffe:9,10

  • Isoprenoide: Triterpene: Saponine, Phytosterine; Iridoide
  • Alkaloide: Pyrrolizidin-Alkaloide (u.a. Intermedin, Lasioscarpin, Myoscorpin, Symlandin, Symphytin)
  • Polyphenole: Phenolsäuren: Hydroxybenzoesäuren (Dihydroxybenzoesäure, p-Hydroxybenzoesäure, Salicylsäure, Vanillinsäure), Hydroxyzimtsäuren (Chlorogensäure, Kaffeesäure, Rosmarinsäure, Zimtsäure, p-Cumarsäure, Ferulasäure, Danshensu, Sagerinsäure, Sinapinsäure, Salvianolsäure); Flavonoide: Flavonole (Quercetin, Quercetin Derivate, Kaempferol, Isorhamnetin, Myricetin), Flavanole (Catechin, Epicatechin), Flavone (Apigenin, Luteolin), Flavanone (Naringenin, Pinobanksin); Lignane (Globoidnan A und B, Rabdosiin); Tannine (Ellagsäure)
  • Weitere stickstoffhaltige Verbindungen: Ureide (Allantoin), Amine (Cholin)
  • Weitere organische Verbindungen: Chinone; Glycoside (Roseoside); Furanocumarine (Umbelliferon); Dicarbonsäuren (Malaxinsäure); Hydroxycarbonsäuren (Zitronensäure, Apfelsäure, Gluconsäure); Carbonsäuren (Sarracininsäure, Trachelsäure, Viridiflorinsäure); Aldehyde; Phenylethanoide

Es ist jedoch zu beachten, dass die Zusammensetzung der sekundären Pflanzenstoffe in Beinwell abhängig von Sorte, Erntezeitpunkt und Anbaubedingungen variieren kann. Daher sind Mengenangaben nur begrenzt sinnvoll und höchstens grob zu verstehen.

Mit den Pyrrolizidin-Alkaloiden (PA) wehrt sich der Beinwell gegen äussere Einflüsse. Sie finden sich vor allem in der Wurzel (30 bis 500 mg/100g), weniger in den Blättern (11 bis 24 mg/100g) und minimal in den Blüten der Pflanze. Angesichts der toxikologischen Bedenken entwickelten Forschende zahlreiche Verfahren, um diese zu entfernen.10

Wofür ist Beinwell gut? Die medizinischen Hauptwirkstoffe von Beinwell sind Allantoin, Cholin sowie die phenolischen Verbindungen. Cholin ist ein Amin und grundlegender Bestandteil von Lecithin. Beinwell enthält unter den Pflanzen die höchsten natürlich vorkommenden Gehalte an Allantoin.5 Allantoin entsteht durch den Abbau von Harnsäure und kommt vor allem in der Wurzel vor. Allantoin löst Wundsekrete auf, verflüssigt Eiter und regt zur Gewebeneubildung an. Der durch Allantoin begünstigte Flüssigkeitsabstrom aus der Wundfläche dient auch zur Ausspülung von Keimen und Bakterientoxinen.5,7 Cholin fördert die Durchblutung, insbesondere die Mehrdurchblutung des verletzten Gewebes. Der Wirkstoff reduziert den Austritt von Gewebsflüssigkeit und damit die Ausbildung von Ödemen und lässt Hämatome (Blutergüsse) rascher verschwinden.7

Beinwell ist ein wichtiger Bestandteil von Cremes und Salben, z.B. bei Gelenkbeschwerden, Sehnenscheidenentzündungen, Gicht oder Knochenbrüchen.8 Studien zeigen das Potenzial von Pasten aus Beinwellwurzel-Muttertinkturen zur Entwicklung neuer osteogener Mittel zur Knochenmineralisierung und -Heilung.10

Extrakte aus den Blättern von Beinwell wirken krebshemmend auf verschiedene menschliche Krebszelllinie. Extrakte aus den Blüten zeigen cytotoxische Effekte auf Brustkrebszellen.10

In medizinischen Studien beobachtete man das Potenzial der phenolischen Komponenten von Beinwell zur Komplementärtherapie für Diabetes mellitus Typ 2-Patienten.9 Weitere Studien schreiben den phenolischen Komponenten von Beinwellwurzel-Extrakten antimikrobielle und antioxidative Wirkung zu. Die vorherige Entfernung der PA wirkte sich dabei nicht negativ auf diese Effekte aus. Ebenso verwendete man S.-officinale-Extrakte zur Synthese von Silbernanopartikel, die UVB-gestresste Hautzellen vor Kollagenabbau schützen und die Produktion von Hautkollagenen unterstützen. Angesichts der Fortschritte in Extraktions- und Reinigungsmethoden zum Schutz vor den PA, fokussieren zukünftige Forschungen auf weitere medizinische Wirkungen von Beinwell.10

Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen

Wirkt Beinwell krebserregend? Studien mit isolierten Pyrrolizidinalkaloiden aus Echtem Beinwell haben bei Tieren eine Fruchtbarkeitsgefährdung und Fruchtschädigung (Reproduktionstoxizität) gezeigt. Andere Tierstudien legen nahe, dass Pyrrolizidinalkaloide nach oraler Verabreichung leberschädigend (hepatotoxisch) und krebserregend sind. An trächtigen Tieren wies man nach, dass ungeborene Lebewesen nach der oralen Aufnahme von Pyrrolizidinalkaloiden durch das Muttertier unter einer Leberschädigung litten. Im Labor konnte man zeigen, dass Pyrrolizidinalkaloide erbgutverändernd (genotoxisch) wirken.11

Für Menschen sind Pyrrolizidinalkaloide leberschädigend und gelten als erbgutverändernd sowie krebserregend. Die Leber bildet aus den Alkaloiden hochtoxische Abbauprodukte.3

Innerliche Anwendungen in Form von Tee, Pulver, Kapseln oder der Verzehr als Gemüse ist heute nicht mehr vertretbar. Bei äusserlicher Anwendung auf der Haut sind kaum Wechselwirkungen bekannt.11 Selten kommen allergische Reaktionen vor.2,12 Der Kontakt mit den Augen oder Schleimhäuten ist zu vermeiden.11

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) betont, dass Beinwell-Anwendungen nur auf intakter Haut erfolgen dürfen. Kontraindikationen gelten für Schwangerschaft, Stillzeit und Kleinkinder unter drei Jahren, da keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vorliegen.5,6,11,12 Generell ist die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht empfohlen.11

Bisher liegen nur unzureichende Daten zur Absorption von Pyrrolizidinalkaloiden durch die Haut vor. Die Tagesdosis an Pyrrolizidinalkaloiden sollte für Erwachsene unter 1 μg pro Tag liegen.11

Aufgrund ihrer extremen Giftigkeit fordert das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Nulltoleranz für Pyrrolizidinalkaloide in Lebensmitteln.1 Bei pflanzlichen Arzneimitteln hat der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (Committee on Herbal Medicinal Products / HMPC) Grenzwerte für lebertoxische Pyrrolizidine in Beinwell-haltigen Produkten festgelegt.13

Bei Fertigarzneimitteln mit Beinwell-Extrakten besteht keine Beschränkung in der Anwendungsdauer.12 Selbsthergestellte Zubereitungen mit Echtem Beinwell sind nicht länger als 10 Tage auf intakter Haut anzuwenden und insgesamt nicht länger als 4 bis 6 Wochen pro Jahr.11,14 Die Haut darf weder gebrochen noch gereizt sein.11

Verwechslungsgefahr

Spriessende Blätter vom Echten Beinwell kann man mit dem giftigen Fingerhut, z.B. dem Roten Fingerhut (Digitalis purpurea),21 verwechseln. Als Unterscheidungsmerkmale dienen die unterschiedlichen Blatteigenschaften. Die Blätter des Fingerhuts sind gezähnt und fühlen sich samtig-weich an. Die rauen und borstigen Beinwell-Blätter hingegen kann man an ihrem glatten Rand erkennen.6

Besteht mit Borretsch Verwechslungsgefahr? Eine Verwechslung mit Borretsch oder Natternkopf kommt selten vor und ist und weniger gesundheitsgefährdend.21

Verwendung als anerkannte Heilpflanze

Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) hat Echter Beinwell als ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft.12 Beinwell ist ausschliesslich bei den angegebenen Indikationen zur symptomatischen Linderung anzuwenden.11

Klinische Studien bestätigen folgende äusserliche Anwendungsgebiete auf intakter Haut: schmerzhafte Muskel- und Gelenkbeschwerden, Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen (nach Abklingen der akuten Phase), Rückenschmerzen, Kniegelenkarthrose und lokale Durchblutungsförderung.12,14

Das HMPC empfiehlt die Auftragung einer dünnen Schicht zweimal täglich bei halbfesten Darreichungsformen (10 % flüssiger Extrakt).11

Was kann man mit Beinwell machen? Man kann Beinwellwurzel-Zubereitungen für die äusserliche Anwendung in Form von Wickeln und Umschlägen herstellen. Dafür kocht man 100 g Beinwellwurzeln in 1 l Wasser und siebt diese nach 10 Minuten ab. Mit der daraus gewonnenen Flüssigkeit kann man warme Wickel machen.5

Volksmedizin - Naturheilkunde

Früher wandte man Echten Beinwell auf offenen Wunden, bei chronischen Eiterungen, den sogenannten offenen Beinen und Zellgewebsentzündungen an.5 Weitere Indikationen waren bzw. sind Schuppenflechten, Ekzeme, Krampfadern, Arthritis, Hämorrhoiden, Brustentzündungen, Knochenbrüche, entzündete Ballen oder Beingeschwüre.15

In der Erfahrungsheilkunde kam bzw. kommt Wallwurz auch bei schlecht heilenden Frakturen, Muskelkater, Sehnen-, Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündung, Blut- und Reizerguss, Nagelbettentzündung, Furunkeln, Thrombophlebitis (akuter Thrombose und Entzündung von Venen), Lymphknotenschwellungen wegen fieberhaftem Infekt sowie bei entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen zum Einsatz.8,15

Bis vor nicht allzu langer Zeit war Echter Beinwell eine wichtige Heilpflanzenzutat in der naturnahen und präventiven Küche. Die ganz jungen Blätter ass man in geringen Dosen. Man vermutete, dass ein gelegentlicher Verzehr von kleinen Mengen unbedenklich sei.8

Als Nahrungspflanze nutzte man Beinwell-Blätter in der Volksmedizin (Kräutertee), in Form von "Comfrey-Gemüse" (von der englischen Bezeichnung comfrey) oder Rohkost-Salat.7

Beachten Sie, dass innerliche Anwendungen heute nicht mehr empfohlen sind (siehe weiter oben).

Literaturverzeichnis - 15 Quellen

1.

BfR Bundesamt für Risikobewertung. Aktualisierte Risikobewertung zu Gehalten an 1,2-ungesättigten Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Lebensmitteln. 2020.

2.

Heilpflanzenlexikon AWL: Gemeiner Beinwell Symphytum officinale.

3.

Blaschek W, Hrsg. Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis. 6. Auflage. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH; 2016.

5.

Pahlow M. Das grosse Buch der Heilpflanzen: Gesund durch die Heilkräfte der Natur. 9. Auflage. Hamburg: Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG; 2020.

6.

Rechenburg L. Dort oben sehe ich euch wachsen: Heilkräuter aus den Bergen – finden und anwenden. 1. Auflage. Innsbruck: Löwenzahn Verlag; 2019.

7.

Schilcher H, Kammerer S, Wegener T. Leitfaden Phytotherapie. 3. Auflage. München: Elsevier GmbH; 2007.

8.

Fleischhauer SG, Guthmann J, Spiegelberger R. Enzyklopädie. Essbare Wildpflanzen. 2000 Pflanzen Mitteleuropas. 4. Auflage. Aarau: AT Verlag; 2018.

9.

Neagu E, Paun G et al. Artemisia abrotanum and Symphytum officinale polyphenolic compounds-rich extracts with potential application in diabetes management. Metabolites. 2023;13(3):354.

10.

Trifan A, Wolfram E et al. Symphytum genus—from traditional medicine to modern uses: an update on phytochemistry, pharmacological activity, and safety. Phytochemistry Reviews. 2024.

11.

European Medicines Agency. European Union herbal monograph on Symphytum officinale L., radix. EMA/HMPC/572846/2009 Corr. 2024.

12.

PTA-Forum pharmazeutische Zeitung: Arzneipflanzen. Beinwell. 2020.

13.

Grenzwerte für Pyrrolizidinalkaloide: Auch topische Beinwell-Zubereitungen sind betroffen. Deutsche Apothekerzeitung. 2015;31:32.

14.

Kooperation Phytopharmaka. Beinwell.

15.

Bown D. Kräuter. Die grosse Enzyklopädie. Anbau und Verwendung. 2. Auflage. München: Dorling Kindersly; 2015.

21.

Gartenjournal net: Beinwell Vorsicht vor einer Verwechslung! 2023.

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