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Borretsch (Gurkenkraut, roh, bio?)

Frischer Borretsch (Gurkenkraut, roh) erinnert geschmacklich an Gurken. Wegen den lebertoxischen Pyrrolizidinalkaloiden (PA) rät man heute vom Verzehr ab. Bio?
93%
Wasser
 55
Makronährstoff Kohlenhydrate 55.04%
/32
Makronährstoff Proteine 32.37%
/13
Makronährstoff Fette 12.59%
 

Die drei Verhältniszahlen zeigen den prozentualen Gewichtsanteil der Makronährstoffe (Kohlenhydrate / Proteine / Fette) der Trockensubstanz (exkl. Wasser).  In der Sprache Englisch sind Ballaststoffe als Bestandteil des Kohlenhydrat-Anteils gerechnet. Die Umrechnung von Gewicht in kcal erfolgt nach dem von der USDA verwendeten "Atwater system". 

Davor ersehen Sie den Wasseranteil, gerundet auf ganze %.

Ω-6 (LA, 0.1g)
Omega-6-Fettsäuren wie Linolsäure (LA)
 : Ω-3 (ALA, <0.1g)
Omega-3-Fettsäuren wie Alpha-Linolensäure (ALA)
 = 0:0

Verhältnis Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren soll insgesamt 5:1 nicht überschreiten. Link zu Erklärungstext.

Werte sind zu klein, um relevant zu sein.

Da frischer Borretsch (Borago officinalis) hohe Gehalte an lebertoxischen Pyrrolizidinalkaloiden (PA) aufweist, rät das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) vom Verzehr der Blüten und Blätter des sogenannten Gurkenkrauts ab. Borretsch-Samen-Öl hingegen ist frei von PA und findet hauptsächlich als Nahrungsergänzungsmittel Verwendung.

Verwendung in der Küche

Sind die Blätter vom Borretsch wirklich giftig? Borretsch, Beinwell, Natternkopf, Wasserdost, Huflattich, Pestwurz, Lungenkraut und Steinsamen haben drei Dinge gemeinsam: Sie sind traditionelle Heilpflanzen und ehemalige Nahrungspflanzen, enthalten jedoch auch lebertoxische Alkaloide. Einst hielt man einen gelegentlichen Verzehr von geringen Mengen für unbedenklich. Heute empfiehlt das deutsche Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR), auf den Konsum von Lebensmitteln mit Pyrrolizidinalkaloiden (PA) zu verzichten.3

Üblicherweise verzehrt man PA-bildende Pflanzen nicht mehr, mit Ausnahme von Borretsch. Nach wie vor ist das sogenannte Gurkenkraut traditioneller Bestandteil der in Hessen (D) sehr beliebten Frankfurter Grünen Sauce (wir haben in diesem Rezept den Borretsch ersetzt).2 Auch in Ligurien (I) verarbeitet man Borretsch zu Füllungen von Ravioli und Pansotti.

Borretsch schätzt bzw. schätzte man wegen seines gurkenähnlichen und erfrischend säuerlichen bis leicht süsslichen Geschmacks. Man verwendete Blätter und Blüten als Zugabe zu Rohkost, Salaten und Suppen oder zum Aromatisieren von kalten Getränken.2

Veganes Rezept mit Borretsch

Kann man Borretsch essen? Alle oberirdischen Teile des Gurkenkrauts bilden die Pyrrolizidinalkaloide aus, insbesondere die als Gewürzkraut eingesetzten Blätter.2 Der Konsum von Borretsch stellt eine schlecht kontrollierbare Exposition mit den toxischen PA dar. Zum eigenen Schutz sollte man vom bewussten Verzehr von Pflanzen absehen, die selbst PA bilden - auch wenn sie als traditionell essbar gelten. Deswegen schlagen wir hier kein Rezept mit Borretsch vor.

Bei Rezepten mit Borretsch können Sie die ehemalige Nahrungspflanze z.B. durch Dill oder Zitronenmelisse ersetzen.

Vegane Rezepte mit Borretsch finden Sie unter dem Hinweis: "Rezepte, die am meisten von dieser Zutat haben".

Nicht nur Veganer oder Vegetarier sollten das lesen:
Veganer essen oft ungesund. Vermeidbare Ernährungsfehler
.

Einkauf - Lagerung

Samen und Setzlinge erhält man online oder im Fachhandel, häufig mit dem Hinweis, dass es sich bei Borretsch um eine schmackhafte Gewürzpflanze handelt. Getrocknete oder frische Blätter und Blüten kann man online, direkt beim Bauern und in Hessen (D) auf dem Wochenmarkt oder im Lebensmittelhandel kaufen. Borretsch-Produkte gibt es kaum in Supermärkten wie Coop, Migros, Denner, Volg, Spar, Aldi, Lidl, Rewe, Billa, Edeka oder Hofer. Auch nicht bei Bio-Supermärkten wie Denn's Biomarkt oder Alnatura.

Borretsch hat von Mai bis Oktober Saison.1 Möglicherweise erfolgt nicht immer der Verweis auf das Vorhandensein und die Problematik von PA. Achten Sie beim Kauf von Kräutermischungen auf die Zutatenliste. In getrockneten oder tiefgefrorenen Mischungen kann Borretsch enthalten sein.2 Haltbar gemachte Kräutermischungen sowie das Borretschöl sind in der Regel ganzjährig verfügbar.

Das BfR empfiehlt, keine Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von PA-bildenden Pflanzen wie Borretsch, Beinwell, Natternkopf, Wasserdost, Pestwurz, Lungenkraut, Steinsamen oder Huflattich zu verwenden. Zum einen ist der gesundheitliche Nutzen dieser Präparate nicht gesichert und zum anderen steht er der möglichen erbgutverändernden und krebserregenden Wirkung der PA gegenüber. Anders sieht es laut BfR mit ölbasierten Extrakten aus, in welchen man bislang keine PA fand.3

In einigen Ländern ist der Gebrauch aller Pflanzenteile von Borretsch, ausser dem Öl der Samen, streng geregelt.4 In Deutschland existieren für Borretsch keine Verwendungsbeschränkungen. Interessierte und informierte VerbraucherInnen können, zumindest durch einen Blick auf das Inhaltsverzeichnis, erhöhte PA-Gehalte durch Borretsch erkennen und darauf reagieren. In Belgien darf Borretsch seit 1997 aufgrund seines PA-Gehalts in Lebensmitteln nicht mehr vorkommen.2

Wild zu finden

Wild trifft man das Gewürzkraut an so manchen nährstoffreichen Wiesen an. Der einjährige (nicht mehrjährige) Borretsch erreicht eine Wuchshöhe zwischen 50 und 90 cm. Man erkennt ihn an den borstig behaarten, aufrechten und hohlen Stängel sowie den lanzettförmigen, bis zu 15 cm langen Blättern. Von Mai bis September bildet die Pflanze Blüten mit fünf rosafarbenen Kronblättern aus. Die jungen Blüten verfärben sich im Laufe der Zeit durch die Änderung des pH-Werts zu einem leuchtenden Blau. Die Früchte sind winzige, bräunlich-schwarze Samen.1,4

Tipps zur Lagerung

Borretschöl sollte man lichtgeschützt im Kühlschrank aufbewahren, da es sonst zu einer vorzeitigen Oxidation der ungesättigten Fettsäuren kommt. Ratsam ist der Kauf von kleinen Flaschen sowie ein zeitnaher Verbrauch.

Inhaltsstoffe - Nährwerte - Kalorien

Das frische Borretschkraut besteht zu 93 % aus Wasser und hat einen Energiewert von 21 Kilokalorien (kcal) pro 100 g Kraut. Es besteht zu 3 % aus Kohlenhydraten, zu knapp 2 % aus Protein und ca. 1 % aus Fett. Nennenswert ist der hohe Vitamin-C-Gehalt, der 35 mg/100g beträgt.16

Im Borretschkraut (Boraginis herba) wies man bislang sieben Pyrrolizidinalkaloide nach, dazu zählen die als lebertoxisch und krebserregend eingestuften ungesättigten Alkaloide Amabilin, Supinidin, Lycopsamin und Intermedin.5,8 Das BfR berichtet PA-Gehalte von 8 untersuchten Borretsch-Proben. Diese wiesen im Schnitt 50'562 µg/kg PA und einen Maximalgehalt von 248'061 µg/kg auf. Bei den Daten weiss man nicht, ob es sich um frisches oder getrocknetes Kraut handelt. Jedenfalls stuft das Institut die PA-Gehalte in Borretsch als besonders hoch ein.9 Weitere Inhaltsstoffe des Gurkenkrauts sind 3 % Gerbstoffe, bis zu 2,2 % lösliche Kieselsäure und etwa 11 % Rohschleim, der nach der Hydrolyse Glucose, Galactose sowie Arabinose ergibt.5 Zudem sind Harz, Saponine, Kaliumnitrat, diverse Fettsäuren und ätherische Öle enthalten.6

Borretschhaltige Kräutermischungen wiesen bei einer Untersuchung getrocknet und tiefgekühlt einen PA-Gehalt von rund 200 µg/kg auf. Der tägliche Verzehr von etwa 2 g einer solchen Kräutermischung ist für eine erwachsene Person möglicherweise vertretbar. Es gilt aber zu beachten, dass sich die Gesamtexposition durch andere Lebensmittel wie Kräutertee oder Honig zusätzlich erhöhen kann.2

In Borretschblüten (Boraginis flos) kommen geringe Mengen an Bornesit und Allantoin vor, sowie Rohschleim und Mineralsalze, hauptsächlich Kaliumsalze.5 Ebenfalls enthalten sind Schleimstoffe, Gerbstoffe, Harz, Saponine, Kaliumnitrat, Kieselsäure, diverse Fettsäuren, ätherische Öle, Vitamin C und Pyrrolizidinalkaloide.6

Borretschsamenöl (Boraginis oleum) enthält einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Pyrrolizidinalkaloide sind höchstens in Spuren enthalten.5 Gemäss BfR wies man in Nahrungsergänzungsmitteln auf Basis von Borretschöl keine PA nach.3

Das Öl der Borretschsamen setzt sich aus 35-38 % Linolsäure (Omega-6-Fettsäure, LA), 17-28 % Gamma-Linolensäure (Quelle mit grösstem bekannten Gehalt), 1,5–3,5 % Erucasäure, Alpha-Linolensäure (Omega-3-Fettsäure, ALA) und anderen Ölsäuren zusammen.6 Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren sind essenzielle Fettsäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann und wir über die Ernährung aufnehmen müssen. Erucasäure hingegen ist eine einfach ungesättigte Omega-9-Fettsäure, die das BfR als kritisch für unsere Gesundheit einstuft. Selten verwendete Pflanzenöle wie Borretschöl (borage oil) überschreiten den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Höchstgehalt an Erucasäure (20 g/kg). Aktuell liegt der in der Herstellung von Speiseölen zulässige Höchstgehalt an Erucasäure bei 50 g/kg.7

Die gesamten Inhaltsstoffe von Borretsch, die Abdeckung des Tagesbedarfs und Vergleichswerte mit anderen Zutaten finden Sie in unseren Nährstofftabellen. Im Artikel Nährstoffe umfassend erklärt bekommen Sie einen detaillierten Einblick in das Thema.

Wirkungen auf die Gesundheit

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie die Gamma-Linolensäure spielen für die Hauternährung eine wichtige Rolle. Gamma-Linolensäure kann der menschliche Körper aus der meist reichlich vorhandenen Linolsäure (LA, Omega-6-Fettsäure) durch das Enzym Delta-6-Desaturase bilden. Aufgrund metabolischer Erkrankungen wie Diabetes, im Zuge der Alterung oder genetisch bedingt kann dieses Enzym jedoch vermindert sein. Aus Studien ist bekannt, dass Borretschöl sowie Nachtkerzenöl bei PatientInnen mit Ekzemen eine geschädigte Hautbarriere erneuern, den Wasserverlust über die Haut normalisieren und die Hautglätte verbessern können. Auch bei gesunder Haut kann es durch die Einnahme von Gamma-Linolensäure-reichem Öl zu Verbesserungen der Hautparameter kommen.10

Als Nahrungsergänzungsmittel verwendet man Borretsch-Öl z.B. bei Neurodermitis (atopischer Dermatitis) und bei Fettstoffwechselstörungen (Dyslipidämie), ähnlich wie das Gamma-Linolensäure-reiche Nachtkerzenöl (Oenotherae oleum).

Sekundäre Pflanzenstoffe

Neben den potenziell gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen bildet der Borretsch auch gesundheitlich fördernde Stoffe aus. Unser Artikel über sekundäre Pflanzenstoffe bietet einen Überblick über die Klassifizierung der Stoffgruppen, das Vorkommen in Lebensmitteln und mögliche Wirkungen auf den Menschen. Borretsch enthält u.a. folgende sekundäre Pflanzenstoffe:

  • Isoprenoide: Diterpene (Phytol), Triterpene: Steroide (Beta-Sitosterol)18,19
  • Polyphenole: Phenolsäuren: Hydroxybenzoesäuren (4-Hydroxybenzoesäure, Syringaldehyd), Hydroxyzimtsäuren (Kaffeesäure, Caffeoyl-Shikimatsäure, Rosmarinsäure, Sinapinsäure); Flavonoide: Flavanole (Catechin-7-O-Glucosid), Flavone (Luteolin), Flavonole (Kaempferol 3,7,4'-Trimethylether, Quercetin), Anthocyane (Petunidin 3,5 diglucosid)18,19
  • Alkaloide: Isochinolin-Alkaloide (Berberin)18

Es ist jedoch zu beachten, dass die Zusammensetzung der sekundären Pflanzenstoffe in Borretsch abhängig von Sorte, Erntezeitpunkt und Anbaubedingungen variieren kann. Daher sind Mengenangaben nur begrenzt sinnvoll und höchstens grob zu verstehen.

Wissenschaftliche Studien belegen zahlreiche pharmakologische Wirkungen des Gewürzkrauts: oxidationshemmend, antimikrobiell, krebshemmend, entzündungshemmend, insekten-abstossend, antigenotoxisch und antiadipös. Dabei hat man alle Pflanzenteile des Gurkenkrauts inklusive Wurzel, Blätter, Blüten und Samen bei In-Vitro- und In-Vivo-Untersuchungen verwendet.18

Gefahren - Unverträglichkeiten - Nebenwirkungen

Ist Borretsch krebserregend? In Lebensmitteln sind Pyrrolizidinalkaloide aufgrund ihrer leberschädigenden Wirkung bedenklich und unerwünscht. Die Untergruppe der ungesättigten PA ist besonders problematisch und wirkt im Tierversuch erbgutschädigend und krebserregend. Kräuter wie Borretsch, die selbst PA (genauer 1,2-ungesättigte PA) bilden, führen zu einer hohen PA-Exposition.2,9

Die Leber ist das primäre Zielorgan PA-bedingter Schädigungen, doch auch andere Organe wie die Lunge können betroffen sein. Die gesundheitsschädlichen Effekte von ungesättigten PA treten bei der Aufnahme von grösseren Mengen innerhalb kurzer Zeit auf, bei niedrigeren Dosen nach längerer Zeit. Typische Folgen, insbesondere bei der Aufnahme höherer Dosen, sind Lebervenenverschluss und Leberschädigungen, die zu Lebernekrosen führen können.9

Verschiedene Webseiten und Online-Shops betonen, dass ein gelegentlicher Verzehr von Borretsch als unbedenklich gelte. Doch das BfR warnt auch vor geringen Aufnahmemengen, da diese insbesondere bei regelmässigem Verzehr das Krebsrisiko erhöhen können. Für genotoxisch-kanzerogene Substanzen lässt sich nach derzeitigem Kenntnisstand keine sichere Aufnahmemenge definieren. Deswegen lautet die Empfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung, diese Substanzen so weit zu minimieren, wie dies vernünftigerweise erreichbar ist.9

In der Literatur gibt es zahlreiche dokumentierte Fälle von Vergiftungen durch PA-haltige Pflanzen bzw. PA-kontaminierte Lebensmittel. Letztere können z.B. Honig, Kräutertees, Kräuter, Gewürze, Salat, Nahrungsergänzungsmittel und - vor allem in Drittweltländern - verunreinigtes Getreide sein. Während schwere Vergiftungen häufig tödlich verlaufen, ist bei leichteren Vergiftungen eine vollständige Erholung möglich.9,11,12

Ein hoher Gehalt an Erucasäure in Lebensmitteln kann gesundheitsschädliche Wirkungen haben, da es zu einer Verfettung des Herzens (myokardiale Lipidose) kommen kann. Eine mögliche Folge ist die Beeinträchtigung des Herzmuskels. Die durch Erucasäure ausgelösten Lipidosen sind reversibel.7 Der Höchstgehalt für Erucasäure in Lebensmitteln ist in der EU-Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 geregelt: Aktuell liegt er bei 50 g/kg. Der Höchstwert ist jedoch kein gesundheitlicher Grenzwert und macht keine Aussage darüber, ob ein gesundheitliches Risiko bei Überschreitung des Gehalts besteht.7 Für Kinder bis zu 10 Jahren besteht ein langfristiges Gesundheitsrisiko, wenn sie grosse Mengen an Lebensmitteln mit Erucasäure verzehren (z.B. Rapsöl, Senf). Der Gehalt von Raps, der in der Lebensmittelindustrie Verwendung findet, liegt in der Regel bei unter 0,5 %. Gemäss der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) liegt die durchschnittliche Verbraucherexposition für alle Altersgruppen im Bereich zwischen 0,3 und 4,4 mg/kg pro Tag.13

Verwechslungsgefahren

Spriessende Blätter vom Borretsch kann man mit dem giftigen Fingerhut (Digitalis ssp.) verwechseln. Als Unterscheidungsmerkmale dienen die unterschiedlichen Blatteigenschaften. Die Blätter des Fingerhuts sind gezähnt und fühlen sich samtig-weich an. Die rauen und borstigen Beinwell-Blätter hingegen kann man an ihrem glatten Rand erkennen.20,25

Verwendung als anerkannte Heilpflanze

Seit dem Mittelalter verwendete man Borretsch als Gewürzpflanze. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verbannte man Borretsch jedoch aus dem therapeutischen Arsenal. 1991 veröffentlichte die Kommission E des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes eine Negativ-Monografie über Kraut und Blüten des Borretschs. In dieser Veröffentlichung beurteilte die Kommission eine therapeutische Anwendung von Blüten und Kraut als nicht vertretbar, insbesondere wegen der im Borretsch in unterschiedlichen Mengen vorkommenden toxischen PA.2,14,15

Durch den heutigen Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC / Committee on Herbal Medicinal Products) und den wissenschaftlichen Dachverband ESCOP (European Scientific Cooperative on Phytotherapy) auf EU-Ebene erfolgten bisher keine Monografien, auch nicht zum heute verwendeten Borretschsamenöl (Boraginis oleum). Die Inhaltsstoffe schliessen eine Wirkung jedoch nicht aus.5

Volksmedizin - Naturheilkunde

Borretsch galt als schleimlösendes, entzündungshemmendes, schmerzlinderndes, herzstärkendes, beruhigendes, schweisstreibendes und leistungssteigerndes Mittel. In der Volksheilkunde verwendete man Zubereitungen aus Blüten und Kraut zur Blutreinigung und Entwässerung, zur Vorbeugung von Brust- und Bauchfellentzündungen, bei Venenentzündungen, Wechseljahrbeschwerden oder Gelenkrheumatismus. Speziell die Blüten setzte man bei verschleimten Atemwegen, Verstopfung, Durchfall sowie Harnverhalt ein, insbesondere auch bei Fieber, wenn es als Begleitsymptom von Masern, Windpocken und Scharlach auftrat. Allerdings ist die Wirksamkeit in den beanspruchten Anwendungsgebieten nicht belegt und kann im Gegenteil sogar mit Risiken verbunden sein.5

Was kann man mit Borretsch alles machen? Heute verwendet man hauptsächlich noch das aus den Borretsch-Samen gewonnene PA-freie Öl, z.B. innerlich bei Neurodermitis, Gelenkerkrankungen, Erkältungserkrankungen und Erkrankungen der Niere und Blase.5,17 Borretsch-Öl kann man bei schlechtem Hautbild, hohem Blutdruck, rheumatischen Beschwerden und prämenstruellem Syndrom einsetzen.4 Borretsch-Kraut hingegen verwendet man heute aufgrund der enthaltenen PA nicht mehr in der Erfahrungsheilkunde.17

Ökologischer Fussabruck - Tierwohl

Der ökologische Fussabdruck sagt aus, wie klimaschädlich ein Produkt ist. Je grösser der Fussabdruck, umso mehr klimaschädliche Gase entstehen entlang der Wertschöpfungskette. Getrocknete Kräuter aus Ungarn haben nach der Verarbeitung und bevor es zur Verpackung und Auslieferung kommt, einen CO2-Fussabdruck von 3,12 kg CO2eq/kg. Die Plattform Carboncloud bietet keine Details, um welche Kräuter es sich dabei handelt.22 Gefrorene Kräuter weisen am italienischen Verarbeitungsstandort einen CO2-Fussabdruck von 0,27 kg CO2eq/kg auf.23 Zum Borretsch liegen uns keine konkreten Daten zum ökologischen Fussabdruck vor.

Der Wasserfussabdruck von Frischgemüse beträgt durchschnittlich 300 l/kg, zu Kräutern haben wir keine Zahlen.26

Ausführliche Erläuterungen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsindikatoren (wie z.B. ökologischer Fussabdruck, CO2-Fussabdruck, Wasser-Fussabdruck) lesen Sie in unserem Artikel: Was bedeutet der ökologische Fussabdruck?

Tierschutz - Artenschutz

Borretsch ist eine wichtige und ergiebige Bienenweide während der Blühsaison von Mai bzw. Juni bis September.1 Honigbienen und Hummeln bedienen sich vor allem am Nektar und weniger am Pollen der Borretsch-Blüten.21

Borretsch ist ein Massenblüher der innerhalb einer Blühsaison durchschnittlichen 4570 Blüten pro m2 entwickelt. Im Durchschnitt produziert jede einzelne Blüte 1,1 mg Zucker pro Tag. Von einem mit Borretsch bepflanzten Hektar Ackerland lassen sich Honigerträge zwischen 59 und 211 kg innerhalb einer Blühsaison erzielen. Zum Vergleich: Winterraps liefert 90-120 kg/ha.5,21

Die PA-bildenden Borretsch-Blüten stellen eine Kontaminationsquelle für Honig und die als Nahrungsergänzungsmittel verkauften Pollen-Produkte dar.

Weltweites Vorkommen - Anbau

Borretsch kommt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Bei den Griechen und Römern kam Gurkenkraut bereits rege zum Einsatz. Im späten Mittelalter hat man Borretsch nach Europa gebracht und in vielen Bauern- und Klostergärten integriert.1 Heute kultiviert man das Gurkenkraut in Mittel-, Ost- und Westeuropa sowie in Nordamerika.21

Anbau im Garten

Wann sollte man Borretsch säen? Die Aussaat erfolgt zwischen Mitte April und Anfang Mai (spätestens bis Anfang Juni) direkt ins Freiland. Die einjährige und nicht winterharte Pflanze benötigt keine Vorkultur und sät sich jedes Jahr von selbst aus. Als Dunkelkeimer bedeckt man die kleinen schwarzen Samen etwa 1-3 cm dick mit Erde. Die Keimzeit kann bis zu 14 Tagen betragen. Zum gesunden Gedeihen braucht Borretsch einen sonnigen und windgeschützten Standort. Die Bodenbeschaffenheit sollte mittel- bis tiefgründig, durchlässig, nährstoffreich und kalkhaltig sein, das Milieu feucht.1 Die Pflanze verträgt auch kargen und trockenen Boden, erreicht dann jedoch nicht die volle Grösse. Mehltau kann sich als Folge von Trockenheit oder gegen Ende der Vegetationszeit einstellen.4

Borretsch kann Japankäfer und Schwärmerraupen von Tomaten abhalten und das Wachstum von Erdbeeren positiv beeinflussen.4 Das Borretschgewächs verträgt sich gut mit Gurken, Zucchini, Basilikum und Minze. Weniger gut geeignet sind Kräuterbeete mit Petersilie oder Schnittlauch, da der bis zu 80 cm hohe Borretsch andere Pflanzen überwuchern kann.24

Borretsch ist ein dekoratives Element im Garten. Alternativ kann man die Pflanze in einem Topf ziehen. Aufgrund der langen Pfahlwurzeln sind klassische Balkonkästen nicht geeignet, sondern nur sehr tiefe Gefässe.1

Weiterführende Informationen

Borretsch (Borago officinalis) ist eine Pflanzenart innerhalb der Gattung Borago und gehört zur Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae).1

Alternative Namen

Bekannte Alternativnamen für Borretsch sind Borgel, Wohlgemuth, Herzfreude, Liebäuglein, Himmelsstern, sowie Kukumerkraut und Gurkenkraut. Die letzten beiden Bezeichnungen leiten sich vom charakteristischen Gurkengeschmack der Blätter ab.1

Der Name Borretsch ist die Übersetzung vom englischen borage. Der Botaniker Philip Miller (1691 bis 1771) könnte den Namen vom Wort courage, zu Deutsch Mut abgeleitet haben. Denn laut Miller stärkt und erhöht dieses Kraut die Lebensgeister.1

Auf Englisch bezeichnet man den Borretsch als borage, starflower oder bee bread.

Literaturverzeichnis - 26 Quellen

1.

Kräuterbuch de: Purle T. Kräuter Borretsch. 2024.

2.

CVUA Stuttgart: Pyrrolizidinalkaloide in Küchenkräutern – Vorsicht bei borretschhaltigen Mischungen. 2017.

3.

Bundesinstitut für Risikobewertung: Riskante Nahrungsergänzung aus der Natur. Borretsch, Huflattich, Wasserdost: Kräuterhaltige Nahrungsergänzungsmittel können gesundheitsschädliche Pyrrolizidinalkaloide enthalten. 2018.

4.

Bown D. Kräuter. Die grosse Enzyklopädie. Anbau und Verwendung. 2. Auflage. München; 2015. Dorling Kindersly.

5.

Heilpflanzenlexikon - AWL: Borretsch – Borago officinalis. 2024.

6.

Krist S, Buchbauer G, Klausberger C. Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. 2. Auflage, 2013. Springer. S. 89 f.

7.

Bundesinstitut für Risikobewertung: Erucasäure: BfR befürwortet vorgeschlagene Höchstgehalte - jedoch sollten auch Lebensmittel mit zugesetzten Fetten begrenzt werden. Stellungnahme Nr. 044/2018 des BfR vom 20. Dezember 2018.

8.

Pflanzenforschung de: Das Gift von der Wiese. Pyrrolizidinalkaloide in Nahrungsmitteln.

9.

Bundesinstitut für Risikobewertung. Pyrrolizidinalkaloidgehalt in getrockneten und tiefgefrorenen Gewürzen und Kräutern zu hoch. Stellungnahme Nr. 017/2019 des BfR vom 13. Mai 2019.

10.

Deutsche Apotheker Zeitung. Arzneimittel und Therapie. Gamma-Linolensäure für eine starke Hautbarriere.

11.

Dusemund B, Rietjens IMCM et al. Pflanzliche Kontaminanten in Lebensmitteln. Vorkommen, Wirkung und Risikobewertung. Bundesgesundheitsblatt. 2017;60:728-736.

12.

Bundesinstitut für Risikobewertung. Aktualisierte Risikobewertung zu Gehalten an 1,2-ungesättigten Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Lebensmitteln. Stellungnahme 026/2020 des BfR vom 17. Juni 2020.

13.

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Erucasäure mögliches Gesundheitsrisiko für stark exponierte Kinder.

14.Negativ-Monographie vom 12. Juli 1991: Boretsch-Blüten und Boretsch-Kraut (Digitalisat).
15.

Heilpflanzen-welt de: Borago (Boretsch). Erscheinungsdatum Bundesanzeiger: 12.7.1991, Heftnummer: 127, ATC-Code: R07AX.

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USDA gov: Borage raw. 2019.

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Fleischhauer SG, Guthmann J, Spiegelberger R. Enzyklopädie. Essbare Wildpflanzen. 2000 Pflanzen Mitteleuropas. 1. Auflage. AT Verlag; Aarau: 2013.

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Slama M, Slougui N et al. Borago officinalis l. : a review oon extraction, phytochemical, and pharmacological activities. Chemistry & Biodiversity. Mai 2024;21(5):e202301822.

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Zemmouri H, Ammar S, Boumendjel A, Messarah M, El Feki A, Bouaziz M. Chemical composition and antioxidant activity of Borago officinalis L. leaf extract growing in Algeria. Arabian Journal of Chemistry. Dezember 2019;12(8):1954–1963.

20.

Gemeinsames Giftinformationszentrum Erfurt: Verwechslungsgefahren im Garten. Verwechslung von Beinwell bzw. Borretsch mit Fingerhutblättern.

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Stawiarz E, Wróblewska A et al. Flowering, Forage Value, and Insect Pollination in Borage (Borago officinalis L.) cultivated in Se Poland. Journal of Apicultural Science. 2020;64(1):77–89.

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Carboncloud com: Herbs dried Hungary.

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Carboncloud com: Herbs, open field, frozen, Italy.

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Plantura.garden: Borretsch anpflanzen: Aussaat, Standort & Co. 

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Rechenburg L. Dort oben sehe ich euch wachsen. Heilkräuter aus den Bergen – finden und anwenden. 1. Auflage. Löwenzahn Verlag; Innsbruck: 2019.

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